Während ein Großteil der HipHop-Landschaft stets dieselben Themen – Finanzen, Rauschgifthandel und Beischlaf – bemüht, entführte uns Atlantas dynamisches Duo Outkast in eine andere, bessere Welt: Stankonia. Andre Benjamin (Dre3000) und Antwan Patton (Big Boi) haben es im Lauf von rund zehn Jahren und vier Alben geschafft, ein bizarr-durchgeknalltes Paralleluniversum aufzubauen, wie es seit George Clintons Landung mit dem Mothership kein zweites gab.
Nach Achtungserfolgen in der Rap-Szene und Musikpresse knackten die beiden Südstaatler mit ihrem vierten Album “Stankonia” und der Single “Ms Jackson” schließlich auch den Mainstream: dreifaches Platin in den USA (Album) und Platz eins der deutschen Single-Charts. Jetzt steht der Nachfolger ins Haus, ein Doppelalbum sogar, doch es ist kein gemeinsames Werk mehr, sondern ein siamesischer Zwilling aus zwei Soloalben. Was das für die Zukunft von Outkast bedeutet und ob die beiden immer noch wie “Brüder verschiedener Mütter” sind – eine Reise in den Süden Frankreichs soll es verraten.
Hey Ya, I Love The Way You Move
Das Hotel Du Castellet, in dem Big Boi und Dre abgestiegen sind, liegt ungefähr eine Stunde von Marseille entfernt im absoluten Niemandsland. Der Taxifahrer muss bei der Rezeption anrufen und sich telefonisch hinlotsen lassen, doch nach der Ankunft wird klar, warum das amerikanische HipHop-Duo den weiten Weg auf sich genommen hat: In einem Mix aus provençalischer Architektur und altem römischen Landsitz streckt sich das Areal des Hotels über mehrere Hektar hin, statt in Zimmern wohnen die Gäste in kleinen Häuschen mit eigener Terrasse. Draußen sorgen Pinien und Zypressen, Golf- und Tennisplatz, Pool und ein berauschender Talblick für die Entspannung der oberen Zehntausend. Ein komplett künstliches Legoland, das labile Gemüter wahrscheinlich am dritten Tag in den Wahnsinn oder in eine schwere Valium-Abhängigkeit treibt.
Abstinenz und Fantasie
Andre3000, die optisch exzentrischere Hälfte des Duos, streicht bedächtig die weiße Tischdecke des Esstischs glatt, an dem er vor einer Orangina und einer Flasche Evian sitzt und seinen Gesprächspartner erwartet. Er spricht mit langsamer, warmer Stimme, nachdenklich und ernsthaft. Kein “knowhudimsayin”, keine Ghettosprache, sondern zusammenhängende Gedanken, gerne auch mal mit ein paar Nebensätzen. Wüsste man nicht, wer da sitzt und erzählt, würde man nicht sofort darauf kommen, dass es sich um eine Größe des US-HipHop handelt. Und es dauerte auch nicht länger als bis zum zweiten Outkast-Album “ATLiens”, dass Dre zum ersten Mal merkte, dass ihm das Stylekorsett der Szene zu eng wurde: “Es war damals hauptsächlich Langeweile und dieses unbestimmte Gefühl, es müsste mehr geben. Ich fand die visuelle Seite des HipHop immer sehr beschränkt und eindimensional. Also habe ich diese ausgeflippten Klamotten anprobiert: riesige Schlaghosen, Ballonmützen, Südstaaten-Fantasieuniformen und so weiter. Ich habe mich im Spiegel betrachtet, und es war unglaublich aufregend und spannend, mit diesen verschiedenen Stilen zu experimentieren. Es ist mir wichtig, nicht nur meine Musik zu spielen, sondern daraus einen ganzen Lifestyle, eine Einstellung zu machen – nicht nur eine Platte, die du kaufst und zu Hause in den Schrank stellst.”
Diese Extravaganz führte zu einer Reihe unschöner Gerüchte. Es hieß, du seiest entweder verrückt, schwer Kokain-abhängig, schwul – oder alles zusammen. Wie sehr verletzen einen solche Stimmen?
Es tut schon sehr weh, aber ich konnte verstehen, warum die Leute das sagen. Denn es war eine unfassbare Wandlung, verglichen mit dem, was und wie ich vorher war. Aber Leute, die mich kennen, wissen, dass das meine Persönlichkeit ist, dass ich heute so und morgen ganz anders sein kann.
Verfolgen dich diese Gerüchte und der Spott noch? Wie gehst du damit um?
Sie werden wohl immer da sein. Alles, was ich tun kann, ist: darüber sprechen und mich erklären. Bis die Leute hoffentlich irgendwann verstehen werden, dass man sich nicht bestimmten Zwängen unterwerfen muss. Dass man nicht auf eine bestimmte Art herumlaufen muss, wenn man HipHop macht oder mag.
Du bist seitdem auch Nichtraucher, Vegetarier, du trinkst keinen Alkohol – das ist nicht der typische HipHop-Lebensstil. Welcher Grund steckt dahinter?
Es hat nichts mit Religion zu tun, denn ich bin nicht besonders gläubig. Ich achte einfach nur auf meinen Körper. Ich achte darauf, was in ihn hineingelangt, was gesund für mich ist. Es gab auch keinen bestimmten Auslöser, ich hatte ein paar Bücher zu dem Thema gelesen und wollte es ausprobieren.
Verzichtest du auch auf Drogen? Immerhin geltet ihr ja ein bisschen als die fröhlichen Ecstasy-Rapper aus dem Süden?
Ich nehme mittlerweile auch keine Drogen mehr, allerdings weniger aus Sorge um meinen Körper als vielmehr um meinen Geist. Natürlich hört man tolle Dinge und nimmt alles ganz anders wahr, wenn man high ist, aber gleichzeitig macht man auch sehr viel von seiner Wahrnehmungsfähigkeit kaputt, und ich habe beschlossen, dass ich das nicht mehr brauche. Ich habe ein sehr hohes Suchtpotenzial. Das bedeutet, ich kann solche Dinge nicht nur “ein bisschen” machen, sondern wenn ich Drogen nehme, nehme ich sie so lange und intensiv, bis sie mich töten. Deshalb verzichte ich lieber ganz darauf.
Gibt es ein zentrales Thema auf deinem Teil des Doppelalbums?
Es geht um eine Figur, die nach Liebe sucht, ohne es zu wissen. Mein Album heißt ja “The Love Below”, und genau darum geht es. Um jemanden, der eigentlich nicht in einer Beziehung sein will und sein Leben deshalb ohne eine solche Bindung verbringt. Trotzdem spürt er tief in sich, dass er jemanden an seiner Seite braucht – das bedeutet “The Love Below”.
Ist das Thema Liebe für dich in den letzten Jahren wichtiger geworden?
Es war am Anfang keine bewusste Entscheidung, eine Platte zu dem Thema zu machen. Ich habe Songs gesammelt, ohne eine bestimmte Richtung oder ein gemeinsames Thema vor Augen zu haben. Aber plötzlich tauchte dieser gemeinsame Nenner auf, was natürlich auch mit meinen vergangenen und gegenwärtigen Beziehungen zu tun hat.
Du warst mit Erykah Badu zusammen, und ihr habt ein gemeinsames Kind, die Story dazu wird in “Ms Jackson” erzählt, das sich an Erykahs Mutter wendet. Wie hat sich eure Rolle als Eltern nach der Trennung verändert?
Eigentlich ändert sich das überhaupt nicht: Wenn du ein Kind hast, hast du ein Kind. Du bist ein Vater oder eine Mutter, diese Rolle bleibt dir auf ewig. Mit der Zeit bekommst du natürlich etwas mehr Routine, machst deine Erfahrungen und so weiter. Aber als Entertainer ist es schwierig, genug Zeit mit meinem Kind zu verbringen. Ich bin viel unterwegs und sehe meinen Sohn nicht so häufig, wie ich möchte. Dazu kommt, dass er mit seiner Mutter in Dallas, Texas lebt. Erykah sieht in öfter, aber sie ist ja ebenfalls viel unterwegs, und er ist deshalb oft bei seinen Großeltern. Wenn ich einmal älter bin, die Musik an den Nagel hänge und viel herumsitze, dann ändert sich meine Rolle vielleicht noch einmal, und ich werde ein anderer Vater sein als jetzt.
Dre spricht noch weiter über seinen Sohn (“Er ist jetzt fünf, und er kann großartig singen, er trifft jeden Ton”), und während er beim Thema Outkast-Album anfing, gelangweilt in einer Illustrierten zu blättern, strahlt er nun über das ganze Gesicht. Was es nahezu unmöglich macht, diesen sowieso unfassbar gut aussehenden Menschen anzusehen. Er erzählt weiter von seinem Hobby, der Malerei, und dass er nicht mit Big Boi auf Tour gehen wird, sondern statt dessen Kompositions-, Piano- und Saxophon-Unterricht nehmen und ein paar Unikurse in Sachen Fashion-Business besuchen will. Außerdem wird er im Laufe des Jahres noch in zwei Filmen mitspielen: zum einen in einer HBO-Produktion, die zu Zeiten der Prohibition spielt und zu der Outkast den Soundtrack beisteuern und in Nebenrollen auftreten werden. Zum anderen an der Seite von Shannyn Sossamon (“The Rules Of Attraction”) in dem von Morgan Freeman produzierten Roadmovie “Love Hater”, in dem es um die Liebe zwischen einem schwarzen Konzertpianisten aus gutem Haus und einer weißen Herumtreiberin, um Rassismus und Klassengrenzen geht.
Louis Vuitton und Pitbulls
Big Bois Frau öffnet die Tür ihrer Suite, stellt sich vor, bietet Getränke an und setzt sich dann wieder auf die Couch und feilt ihre Nägel, im Fernsehen läuft französisches MTV ohne Ton. Big Boi selbst, der auf dem Balkon in der Abendsonne sitzt, ist ein wenig missgestimmt, denn bei seiner Shoppingtour ins nahe gelegene Cannes konnte er die weiße Louis-Vuitton-Tasche, die er für seine Mutter besorgen wollte, nicht finden. Außerdem ist ein Teil seines Gepäcks beim Flug nach Marseille verloren gegangen. Auf sein Hobby Pitbull-Züchten angesprochen, hellt sich seine Miene jedoch schnell auf, er zündet sich einen kleinen Zigarillo mit Plastikmundstück an, blickt über den nahe gelegenen Tennisplatz des Hotels und fängt an zu erzählen, immer wieder unterbrochen von einem dröhnenden Lachen: “Es begann als Hobby, aber die Leute haben schnell gemerkt, dass wir sehr gute Hunde züchten, und es wurde plötzlich ziemlich lukrativ. Also habe ich bei Atlanta 20 Hektar Land gekauft und habe dort jetzt ungefähr 100 Hunde. Mein kleiner Bruder kümmert sich um alles, so hat er wenigstens etwas zu tun und macht keine Dummheiten, hahaha.”
Kann man sie denn in einer Gruppe halten?
Du kannst ein Männchen und mehrere Weibchen zusammen halten. Aber sobald du mehrere Männchen zusammenbringst, gibt es Schwierigkeiten, weil jeder von ihnen um die Vormachtstellung kämpft. Wie zwei Männer, die sich um eine Frau streiten, das geht einfach nie gut, hahaha. Aber wenn man ein paar Regeln beachtet, klappt alles wunderbar, und es sind die besten Hunde der Welt!
Du hast einmal Pitbulls und Schwarze verglichen und gesagt, beide hätten mit negativen Vorurteilen zu kämpfen. Ist das der Grund, warum dich die Hunde faszinieren?
Pitbulls bekommen eine dermaßen schlechte Presse, dass die meisten Leute eine völlig misstrauische Haltung haben, ohne diese Hunderasse überhaupt zu kennen. Würden sie sich näher mit den Tieren auseinander setzen, würden sie merken, wie wundervoll sie sind. Klar kann man auch vieles falsch machen, aber man kann auch seine Kinder schlecht erziehen. Wenn du sie nur schlägst und ihnen keine Liebe und Zuneigung gibst, werden sie auch zu miesen Motherfuckers heranwachsen und andere Leute fies behandeln.Das heißt doch nicht, dass die Hunde an sich bösartig wären.
Aber es gibt viele Leute, die besonders aggressive Pitbulls haben wollen, um sie als Waffe zu benutzen oder in Hundekämpfe zu schicken …
Ja, aber wer einmal erkannt hat, wie schön diese Tiere sind, will sie nicht Narben-übersät aus einem Kampf kommen sehen. Natürlich gibt es Leute, die sie extrem aggressiv haben wollen, aber damit habe ich nichts zu tun. Ich verkaufe keine Tiere an Leute, die sie in Hundekämpfe schicken wollen oder auf Leute loslassen, die ihnen Geld schulden.
Kommen wir zur Musik: Ist es für dich ein Outkast-Doppelalbum, oder sind es zwei Soloplatten?
“Speakerboxx / The Love Below” teilt Outkast quasi einmal mittendurch und macht dadurch klarer, woraus Outkast sich zusammensetzen. Einmal hast du Andres Perspektive und Persönlichkeit und einmal meine.
Wo siehst du Unterschiede und wo Gemeinsamkeiten?
Der größte Unterschied ist, dass auf meiner Hälfte die Reime, die Lyrics eine größere Rolle spielen. Bei Andre geht es mehr um Melodien. Was sie gemeinsam haben, ist, dass sie beide funky as hell sind. Es ist immer noch eine typische Outkast-Platte, aber eben noch ein bisschen mehr – Outkast and beyond.
Was waren die Gründe, getrennt zu arbeiten?
Das war eine natürliche Entwicklung. Wir schreiben beide Songs, produzieren, arrangieren, schreiben Texte, jeder macht alles. Es ist wie in einem Restaurant: Wenn du zwei exzellente Köche hast, die in derselben Küche arbeiten, und nebenan steht eine Küche leer – ist das nicht etwas dumm? Wenn beide zur gleichen Zeit in ihrer eigenen Küche kochen, bekommst du jede Menge hervorragendes Essen, und wenn sie es nachher zusammen anrichten, gibt es ein hammermäßiges Buffet. Darauf kommt es doch an.
Ihr kennt euch schon seit der Highschool. Kannst du dich noch erinnern, was dir an Andre gefallen hat, warum du mit ihm befreundet sein wolltest?
Wir hatten einen ähnlichen Kleidungsstil und waren beide neu auf der Schule. Als ich ihn zum ersten Mal traf, dachte ich mir: “Was für ein cooler Typ!” Er wirkte so ehrlich und cool – und es stellte sich raus, dass er genauso war. Er ist ein Einzelkind, aber ab einem gewissen Zeitpunkt waren wir wie Brüder.
Brothers From Different Mothers
Aber egal, wie sie versuchen, eine Fassade der Freundschaft und des Zusammenhalts aufrechtzuerhalten, es wird schnell deutlich, wie sehr sich die beiden mittlerweile voneinander emanzipiert haben. Und wenn man bedenkt, wie unterschiedlich sie in ihrem Wesen sind, ist eigentlich nicht dieses Auseinander-Driften die Überraschung, sondern vielmehr, dass sie überhaupt vier gelungene Alben miteinander aufgenommen haben. Big Boi auf der einen Seite ist so etwas wie der Prototyp des HipHop-Prolls. Einer, der Pitbulls züchtet, seine untere Zahnreihe komplett mit Platin überkronen lässt, weite Sportswear und dicke Brillanten an Ohren, Fingern und um den Hals trägt, der Sachen wie “motherfucker” und “slammin’ ass” sagt. Andre dagegen wirkt wie die Mischung aus einer Figur aus “Alice im Wunderland” und einem Dolce&Gabbana-Model. Einer, der in seiner Freizeit Bilder malt, weder Alkohol noch Fleisch zu sich nimmt und hoch sitzende Anzughosen in grellen Farben, weiße Hosenträger und statt Ice im Wert mehrerer Limousinen nur ein Lederarmband trägt, das direkt aus den Sechzigern zu kommen scheint. Als er später mit Teilen der Liveband und der Crew am Pool sitzt, wirkt er zwischen all den zentnerschweren Homeboys in Basketball-Jerseys und mit Handtüchern um den Nacken wie ein Fremdkörper, ein Zeitreisender. Die Laune ist zwar gut, und es fällt kein böses Wort, die Jungs ziehen ihn allenfalls ein wenig auf, weil er wegen seines ersten Soloauftritts nervös ist. Allein: Big Boi lässt sich nicht blicken – wie man die beiden überhaupt nie zur selben Zeit am selben Ort sieht.
Shake It Like A Polaroid Picture
Selbst bei dem abendlichen Auftritt auf dem “Isle Of MTV”-Festival auf der kleinen Insel Ile du Gaou unweit von Toulon kommt Andre alleine auf die Bühne. Er spielt seine neue Single “Hey Ya”, die eigentlich mehr ein Rocksong als ein HipHop-Track ist und die die Masse von jungen Franzosen, die gerade noch durch die Rapper der Saïan Supa Crew aufgepeitscht wurde, völlig überfordert. Obwohl es sich um einen großartigen Song handelt, der – etwas früher veröffentlicht – das Zeug hätte, “der gute Sommerhit 2003” zu werden. Big Boi hat mehr Erfolg. Nachdem Dre die Bühne verlassen hat, kommt er mit einer achtköpfigen Crew an und feuert die dicken Beats seiner Solostücke “The Way You Move” oder “Ghetto Musick” in die unerträglich schwüle Nacht. Die Menge hüpft, wirft die Hände in die Luft, tanzt – erst recht, als schließlich die Outkast-Hits “Ms Jackson”, “So Fresh, So Clean” und “The Whole World” zum Besten gegeben werden. Dre steht selbst bei “seinen” Tracks allein in einem Seitenflügel der Bühne, schaut sich das Treiben lächelnd an, macht jedoch keine Anstalten, teilzunehmen, nicht einmal, als ihn Big Boi der Menge ankündigt.
Als die Show nach einer Dreiviertelstunde zu Ende ist, haben die beiden keine Minute gemeinsam auf der Bühne gestanden, bei den anschließenden Interviews für die diversen nationalen MTV-Sender nehmen sie zwar nebeneinander auf einer Couch Platz und antworten gut gelaunt auf immer gleiche Fragen, miteinander reden sie jedoch kein Wort. Blicke in die Kristallkugel sind zwar immer eine heikle Angelegenheit, die Sache ist diesmal aber tatsächlich einigermaßen klar: Der gemeinsame Honeymoon in Stankonia scheint vorbei, Dre wird vermutlich eine Solokarriere einschlagen, die nach den bisher gehörten Stücke seines Albums auch erfolgreich werden könnte. Wenn auch vielleicht nicht unter HipHop-Puristen, da er seine Stücke (wie schon “Ms Jackson”) fast ausschließlich an der Gitarre komponiert und nur auf einem einzigen von ihnen rappt. Big Boi wird unter dem Namen Outkast weitermachen und die alte Fangemeinde zufrieden stellen. Beide Soloalben bewegen sich auf hohem Niveau, ein bisschen schade ist es trotzdem. Waren Outkast schließlich stets mehr als die Summe der einzelnen Teile.
Stank You For The Music
Da sie im Laufe der Promotour bereits mehrere Flüge verpasst haben und es morgen schon wieder sehr früh zum Flughafen gehen soll, beschließt die Outkast-Entourage, gar nicht erst ins Bett zu gehen, sondern nach der Rückkehr lieber noch ein wenig im Kellerclub des Hotels zu feiern. Der sieht aus wie eine Mischung aus Verlies, Sadomaso-Club und spießiger Hoteldisco, der Kontrast von Gitterstäben und einem durch winzige Glühlämpchen simulierten Sternenhimmel scheint aber keinen der Anwesenden zu stören. Moët und Remy für alle, Garçon, und drehen Sie doch bitte mal die Musik ein bisschen lauter. Der Outkast-DJ Cutmaster Swift hüpft gut gelaunt zu Justin Timberlake über die Tanzfläche, und ein Techniker, der aussieht, als habe er schon bei Parliament/Funkadelic die Mikros gecheckt, macht der Reihe nach die anwesenden Promoterinnen an. Auf die Frage, warum er nur für einen Song auf der Bühne gewesen sei, gibt Andre in den frühen Morgenstunden schließlich die Antwort eines Profis, die nichts sagt und zugleich alles: “Ach, das hatte persönliche Gründe …” Mehr ist ihm nicht mehr zu entlocken. Er lächelt breit, seine weißen Zähne leuchten im Halbdunkel der Bar, am anderen Ende des Raums steht Big Boi in einem weißen Frottee-Bademantel des Hotels und raucht einen Philly Blunt.
Text: Christoph Koch
Erschienen in: Intro
Fotos: Promo