Zu viele Papierstapel in deinem Leben? Zu viel Bürokaffee, Handyklingeln und immergleiche Gespräche? Genug von der Routine und den seit Wochen kalten Füßen? Vielleicht ist es ja Zeit für eine Weltreise. Jeder träumt davon, nur wenige tun es. Dabei hört man stets dasselbe: Gar nicht so schwer … lohnt sich immer … einfach machen …
Eine Annäherung in 26 Begriffen.
Around-The-World-Ticket
Der klassische Weg, um die Erdkugel zu umrunden. Wichtig ist, zwischen den flexiblen Tickets zu unterscheiden, die zum Beispiel die Fluglinien-Bündnisse Star Alliance, Skyteam oder OneWorld anbieten, und den fertig geschnürten Paketen von Einzeltickets, wie sie manche Reisebüros zusammenstellen. Letztere sind zwar oft billiger, dafür zeitlich unflexibel und deshalb absolut nicht zu empfehlen. Bei den „echten“ Weltreisetickets muss zwar die Route vorher festgelegt werden, Strecke und Termine sind jedoch umbuchbar. Je nach Gesamtstrecke kosten solche Tickets 1700 bis 3000 Euro, die Grundregeln sind meist ähnlich: Man darf maximal ein Jahr unterwegs sein (à Dauer), muss sowohl Atlantik als auch Pazifik überqueren, darf nicht die Richtung ändern und muss am Ende wieder im Ausgangsland ankommen.
Begleitung
Eine der ersten Fragen, die man bei der Planung einer Weltreise klären muss. Damit es nicht zu einfach wird, hat alles seine Vor- und Nachteile: Alleinreisende sind freier, kommen leichter mit Einheimischen in Kontakt, kommen schneller mit Verbrechern in Kontakt und müssen in Herbergen, Taxis etc. unterm Strich mehr bezahlen. Leute, die in der Gruppe unterwegs sind, können sich vielleicht in der zweiten Woche nicht mehr ausstehen, können sich dafür gegenseitig in Durchfallnotfällen Salzstangen kaufen (à Krankheiten) und haben immer jemanden, der auf die Rucksäcke aufpasst, wenn der andere gerade eine Mütze anprobiert, für die er sich Zuhause garantiert schämen wird.
Computer
Dass inzwischen auch im hintersten Andendorf ein Internetcafé existiert, ist Segen und Fluch zugleich. Keine postlagernden Briefe, keine besorgten à Eltern, keine verpassten Bundesligaergebnisse. Bei zu viel Kontakt zur Heimat geht jedoch leicht der Sinn einer Weltreise verloren: Abstand zu bekommen, Neues kennen lernen, den Alltag hinter sich lassen. Deshalb nur dann online gehen, wenn es wirklich was zu senden oder empfangen gibt.
Dauer
In 80 Tagen kommt man sicher um die Welt, wenn man es darauf anlegt auch in acht. Trotzdem sind die meisten Weltreisenden knapp ein Jahr unterwegs. Zufall? Nein, meist liegt es daran, dass die à Around-The-World-Tickets maximal ein Jahr gelten. Die meisten Reisenden berichten außerdem, dass nach dieser Zeit nicht nur die finanziellen Mittel, sondern auch die Aufnahmefähigkeit für Neues und die Lust am Unterwegssein aufgebraucht sind. Wer nur ein Urlaubssemester Zeit hat oder geringere finanzielle Reserven kann natürlich auch in einem halben Jahr eine schöne Weltreise machen. Dann aber auf keinen Fall zu viele Länder einplanen (à Fehler).
Eltern
Können hilfreich sein, da man in jedem Fall jemanden braucht, der Zuhause offiziell aussehende Post öffnet, die Katze füttert und der Botschaft Druck macht, falls man aus brenzligen Situationen rausgeboxt werden muss (à Notfall). Ob man ihnen das zumuten will, hängt von der Beschaffenheit der Eltern bzw. der Beziehung zu ihnen ab. In der Regel sind sie jedoch zuverlässiger als der Typ, den man im Bus zum Flughafen kennen gelernt hat.
Fehler
Die häufigsten Fehler bei der Planung von Weltreisen sind nach Meinung von Profirumtreibern:
a) Sich zu viele Länder vorzunehmen: Wer wirklich etwas sehen will, sollte sich ein Land oder zwei Länder pro Monat vornehmen – Reisen von der dreckigen Flughafenstadt ins malerische Hinterland kosten ebenso Zeit wie Quartiersuche, Wäsche waschen, Kranksein und andere Dinge, die man nicht unbedingt einplant.
b) Sich unterwegs mit Freunden verabreden, die für zwei Wochen mitreisen wollen: Nimmt dem Weltenbummler die Freiheit – und somit das Wichtigste an der Reise. Außerdem passen die Vorstellungen eines Kurzurlaubers nicht mit denen von jemandem zusammen, der schon ein halbes Jahr unterwegs ist.
c) Das Budget zu knapp kalkulieren: Beim Geheimtipp aus dem Lonely Planet kostet seit Erscheinen des Reiseführers alles ein bisschen mehr, die schöne Einheimische hat die Getränke zwar an der Bar geholt, aber nicht bezahlt und irgendwann wird fast jeder mal beklaut. Also einen Sicherheitspuffer einkalkulieren – wäre ja schade, wenn ab der Halbzeit nur noch à Geld für Essen und Schlafen, aber nicht mehr für Ausflüge und Abenteuer da wäre.
Geld
Die Kosten einer Weltreise hängen von vielen Faktoren ab: Wer alleine reist, zahlt mehr als jemand mit à Begleitung. Wer länger reist, zahlt pro Monat weniger. In manchen Ländern (Japan, Norwegen, Schweiz) zahlt man pro Tag etwa so viel wie anderswo (Laos, Bolivien, Thailand) für einen Monat. Die eigenen Ansprüche bei Essen, Unterkunft und Reisekomfort spielen natürlich auch eine Rolle. Wer unbedingt eine Zahl braucht: Für eine Reisedauer von einem Jahr sollte man zwischen 12 000 und 25 000 Euro einkalkulieren.
Hotels
Gerade wer ohne Begleitung reist, fühlt sich in Hotels schnell einsam. In Hostels oder Posadas mit ihren Gemeinschaftsküchen und Terrassen passiert mehr. Kontakte knüpfen sich von selbst, Tipps und Reiseempfehlungen werden ausgetauscht und oft findet man eine Begleitung für den nächsten Streckenabschnitt oder einen Ausflug ins unwegsame Hinterland.
Illusion
Mancher Weltreisende redet sich ein, nur weil er sein Powerbook zuhause gelassen hat, inzwischen ein wenig streng riecht und sich von billigen Bohnengerichten ernährt, kein Tourist mehr zu sein, sondern auf einer Stufe zu stehen mit den Einheimischen eines Entwicklungslands. Ein Irrtum, Reiseàpass und Rückflugticket – kurzum die Freiwilligkeit – machen den Unterschied. Die zweite große Illusion:
So sehr eine Weltreise die eigene Sicht auf die Dinge verändert, so wenig macht sie einen anderen Menschen aus einem oder löst sie Probleme, vor denen manche glauben, davonlaufen zu können. Oder wie der weltreisende Journalist Juan Moreno schreibt: „Wenn man sein Leben nicht mag, ist nicht Deutschland daran schuld. Woanders hinfahren bringt in dieser Hinsicht nichts, man hat sich selbst ja doch immer dabei.“
Jobben
Kann nicht nur ein guter Weg sein, die Kasse aufzufüllen und somit die Reisedauer auszudehnen, sondern kann auch eine angenehme Abwechslung in den Reisealltag – ja, so was gibt es – bringen und dabei helfen, land und Leute besser kennenzulernen. Aber Vorsicht, ein àTouristenvisum berechtigt in der Regel nicht zum Arbeiten – entgegen vieler Gerüchte auch nicht, wenn man in Naturalien wie Kost & Logis bezahlt wird. Einen legalen Weg stellen die Working Holiday Visa dar, die es in Australien, USA, Kanada oder Japan gibt.
Krankheiten
Ganz ohne wird es nicht abgehen, da braucht man sich nichts vorzumachen. Damit aber die ganz bösen Überraschungen ausbleiben, ist es wichtig, vorzusorgen: Zum einen durch ein paar ärztliche Check-Ups, die man rechtzeitig vor Reise durchführt, damit man zum Beispiel beim Zahnarzt auch noch Zeit für eine eventuelle Behandlung hat. Dazu kommen Impfungen, die eventuell aufgefrischt werden müssen (Tetanus, Polio, Diphterie), oder die man sich unbedingt zulegen sollte (Hepatitis A und B). Je nach Reiseziel ist auch eine Impfung gegen Gelbfieber oder Tollwut empfehlenswert sowie Malaria-Prophylaxe für die Reiseapotheke (eine Impfung ist nicht möglich). Die aktuellsten und besten Informationen zur Lage in einzelnen Ländern hat die Weltgesundheitsinformation unter www.who.int/ith/.
Liedgut
Ein paar thematisch passende Hits, die man in der ersten Reisewochen möglichst oft hören sollte, bald wird der iPod sowieso geklaut:
– Daft Punk „Around The World“
– Tom Liwa „Red nicht von Straßen, nicht von Zügen“
– Murray Head „One Night In Bangkok“
– Kooks „See The World“
– Canned Heat „On The Road“
– Pixies „All Over The World“
– They Might Be Giants „Istanbul (Not Constantinople)“
– Beirut „Scenic World“
– Tomte „Mit dem Mofa nach England“
– The Thrills „Just Travelling Through“
– U2 „Until The End of The World“
– Shudder To Think „Summertime Train“
– Cooler Kids „All Around The World“
– Blumfeld „Heiß die Segel“
– und natürlich alles von Journey, The Tourists und den Travelling Wilburys
Mobiltelefon
Auch wenn man mit den modernen Quadband-Handys inzwischen fast auf der ganzen Welt telefonieren kann: Die teuren Roaming-Gebühren kann man sinnvoller ausgeben – und Anrufe von Telefondrückern, besorgten Verwandten oder dem eifersüchtigen Ex-Freund können einem auch die schönste Hängematte verleiden.
Notfall
Unter der Telefonnummer +49 30 5000 2000 ist das Auswärtige Amt bei Notfällen deutscher Staatsangehöriger im Ausland rund um die Uhr erreichbar. Für etwas kleinere Notfälle sollte man die Hotline-Nummer seiner Versicherung sowie seiner Kreditkarte bei sich haben.
Osten
Linksrum oder rechtsrum? Eine Frage, die jeder Weltreisende für sich entscheiden muss. Wer immer nach Osten fliegt, hat zwar bekanntlich einen etwas unangenehmeren Jetlag, bekommt dafür aber beim Überqueren der Datumsgrenze einen Tag geschenkt. Heute in Australien losfliegen, gestern in Hawaii ankommen – ist das etwa nichts?
Pass
Dass man ihn braucht, ist klar. Für einige Länder muss er inzwischen aber auch maschinenlesbar sein, biometrische Daten enthalten und/oder bei Einreise noch mindestens sechs Monate gültig sein, bei Abreise also am besten noch zwei Jahre. Dazu kommen die Einreisevisa, die man für rund 100 Länder der Erde braucht (für welche, erfährt man detailliert unter auswaertiges-amt.de). Wer gute Nerven hat, kann sich das Visum für die nächste Station auch immer erst unterwegs besorgen – im örtlichen Konsulat des Landes, in das man einreisen will. Wer es lieber stressfrei als preiswert hat, kann auch einen kommerziellen Visadienst beauftragen, den ganzen Papierkram vorab zu erledigen.
Qualle
Auch wenn es in der TV-Serie „Friends“ anders behauptet wurde: Wer von einer Qualle „verbrannt“ wurde, dessen schmerzen werden auch durch eine demütigende Urinbehandlung nicht weniger. Wirklich hilfreich – wenn auch am Strand in der Regel weniger verfügbar – sind dagegen Essig, Zitronensaft, Ammoniak oder Backpulver.
Rucksack
Gar nicht erst eines dieser großen 70-Liter-Monster kaufen: Verführt nur dazu, zu viel mitzunehmen und erscheint vollgepackt zwar zuhause im Wohnzimmer tragbar, auf einer überfüllten Straße, deren schmelzender Teer sich einen langen Berg hochschlängelt, wirst du ihn zur Hölle wünschen. Bevor du ohnmächtig wirst.
Sammeln
Begegnungen mit unbekannten Klein- und Großtieren, Horrorgeschichten von Überfällen, Blasen an den Füssen, Sandkörner in Rucksackecken, Mail-Adressen und Myspace-Namen, Erfahrungen mit fremdartigen Spirituosen, einsame Momente, mindestens eine Rebellen-Anekdote, Aussichten, Sprachbrocken, unangenehme Erfahrungen, Glücksmomente, gut gemeinte Tipps für die Weiterreise von Leuten, die gerade von dort kommen, Geschmackseindrücke, Momente der Selbstüberwindung, Namen und Gesichter.
Traveller Cheques
Altmodische, umständliche und teure Art, sein Vermögen auf Reisen mitzunehmen. Besser: Den großen Batzen auf einem Tagesgeldkonto parken, wo es noch ein paar Zinsen bringt, per Dauerauftrag oder Telebanking regelmäßig Beträge auf ein Girokonto transferieren und dort per Kredit- oder EC-Karte abheben. Auch ein Paypal-Konto kann sich lohnen, da hier die Gebühren für währungsübergreifende Überweisungen relativ niedrig sind.
Unterwegs
Jack Kerouacs Beatroman wird dir unterwegs ständig begegnen. Jede Backpacker-Absteige, die etwas auf sich hält, hat nämlich eine Buchtauschbörse. Nimm also nicht zu viele schwere Wälzer mit – und am besten weder „Unterwegs“ noch Alex Garlands „The Beach“, Paulo Coelhos „Der Alchemist“ oder Williams Goldings „Herr der Fliegen“ Die kriegst du unterwegs alle nach und nach automatisch zu lesen – ob du willst oder nicht.
Versicherung
Gesetzliche Krankenkassen versichern meist nur im europäischen Ausland, die Privaten beinhalten meist nur einen Versicherungsschutz von bis zu sechs Wochen – der jedoch kostenpflichtig aufgestockt werden kann. Wer möchte, kann auch eine separate Auslandsversicherung abschließen. Die Backpackerbibel „Lonely Planet“ empfiehlt beispielsweise der Anbieter World Nomads, hinter dem renommierte Versicherer wie Allianz und Arch Capital stehen und der Weltreisenden gute Konditionen bietet. So ist der Versicherungsschutz auch von unterwegs beliebig verlängerbar und umfasst viele Aktivitäten wie Kayaktouren, Bungeejumping und Elefantenritte, die sonst häufig ausgenommen sind. Eine Haftpflichtversicherung (am besten mit Forderungsausfallversicherung) sowie eine Rechtschutzversicherung sind ebenfalls empfehlenswert, das Reisegepäck extra zu versichern hingegen unverhältnismäßig teuer.
Wiederkommen
Nimmt man sich an beinahe jedem schönen Ort vor, den man bereist. Wirklichkeit wird es beinahe nie. Deshalb: Genießen, so lange man dort ist.
Xenophobie
Fremdenfeindlichkeit findet man bisweilen selbst unter vermeintlich weltoffenen Rucksackreisenden. Von Leuten, die selbst in Phnom-Pen oder Santa Fé de Bogotá alles mit Paderborn-Maßstäben messen, in jedem Einheimischen einen Verbrecher sehen und allen Ernstes glauben, dass die Armut „teilweise auch ganz einfach selbstverschuldet“ ist, im Holperbus schnell wegsetzen. Und dem Busfahrer beim nächsten Stop ein Trinkgeld geben, damit er ohne sie losfährt. Dann haben sie wenigstens einen Grund zu schimpfen.
Yen
Braucht man falls man nach Japan reist. Übersetzt heißt die dortige Währung soviel wie „runder Gegenstand“.
Zurückkommen
Die Enttäuschung, dass sich Zuhause in der zeit der eigenen Abwesenheit scheinbar nichts geändert hat, kennt sogar jeder normale drei-Wochen-Urlauber. Das Phänomen, dass es auf die Frage „Wie war’s?“ nie eine Antwort gibt, ebenfalls. Vielleicht lassen deshalb einige Weltreisende unterwegs das Reisen sein. Und bleiben einfach stehen. Kann manchmal auch der Sinn einer Weltreise sein.
Text & Fotos: Christoph Koch
Gekürzte Version erschienen in: NEON
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Danke für die ganzen Tipps. Im Oktober geht es los mit meiner Weltreise. Bin schon extrem aufgeregt und gespannt.
Hallo Christoph,
ich find‘ dein A-Z richtig Klasse. Auch wenn ich nicht unbedingt mit allem Einverstanden bin. Am besten klar wir das bei der Illusion. Teil 1 – genial: Selbst als echter Aussteiger, sich-in-eine-Kultur-Einheirerter oder Buisness-in-der-Ferne-Eröffner wird man in vielen… den meisten Ländern kein Einheimischer. Bohnen Essen und stinken ist nur für den Eigenkontrast gut.
Teil 2 – nicht so einfach: definitiv verändert eine Langzeitreise. Definitiv! Was die eigene Sicht auf die Dinge verändert, verändert auch wie man die Dinge sieht. Was anders aussieht wird anders wahrgenommen und was anders wahrgenommen wird, wird anders behandelt. Andere Aktionen erzeugen andere Reaktionen etc. Aber ich gebe dir auch Recht. Ein Jahr nach meiner Reise merke ich, wie der Elan und das „Neue“ in mir langsam dem weichen, was bei uns erwartet wird und notwendig ist zum leben. Wie gesagt, nicht so einfach :-)
Liebe Grüße,
Björn
augen-auf-reise.de