Jessica Hagy betreibt mit THISISINDEXED.COM einen der lustigsten Blogs der Welt: Jeden Tag veröffentlicht sie eine neue, ganz persönliche Infografik.
Erinnerst du dich an deine erste Karteikartengrafik?
Die habe ich im Sommer 2006 gezeichnet. Ich hatte gerade einen grauenvollen Job hingeschmissen und arbeitete wieder freiberuflich als Werbetexterin, als ich las, dass jeder Krea tive einen eigenen Blog braucht. Weil ich keine Lust darauf hatte, der Welt Geschichten über meinen Hund und mein Frühstücksmüsli zu erzählen, nahm ich meinen Billigscanner und geklautes Büromaterial zur Hand – heraus kam »Indexed«.
Hat dich der Erfolg überrascht?
Ich hatte nicht mal damit gerechnet, dass irgendjemand die Seite überhaupt findet! »Indexed« ist ja auch nur aus einer Laune heraus entstanden. Was ich gelernt habe: Jeder kleine Quatsch, den du ins Netz stellst, kann das werden, was später mal auf deinem Grabstein steht. Also Vorsicht vor dem Internet!
Stimmt es, dass du die Grafiken jeden Morgen zeichnest „während der Kaffee kocht“, wie es über deinem Blog steht?
Die meisten Ideen habe ich Sonntagnachmittag. Aber das Zeichnen, Scannen und Posten geschieht wirklich jeden Morgen. Und ich koche auch jeden Morgen eine große Kanne Kaffee – eigentlich müsste ich schon längst ein Magengeschwür haben.
Was machst du, wenn der Kaffee fertig ist?
Seit ich 19 bin arbeite ich als Werbetexterin. Ich habe schon für Banken getextet, für Leute, die auf Stelzen gehen, für Hot Dog Stände, für Schulen und für Bootswerften.
Bist du generell ein Fan von Diagrammen und Infografiken, zum Beispiel in Magazinen oder Nachrichtensendungen?
Ich mag es, wenn man damit Ideen sichtbar machen kann. Aber mir sind die einfachen Grafiken lieber – wenn sie zu verschachtelt sind, werden es schnell eher Rätsel als Erklärungen.
Wie würde eine Grafik aussehen, die deine Überraschung zeigt, als dein Blog plötzlich überall von CNN über Time bis zum New York Magazine gepriesen wurde?
Ungefähr so:
Es hat mich umgehauen , wie weit und wie schnell das Internet eine Idee tragen kann. Ich bin sehr dankbar für das Glück und die vielen lustigen Begegnungen und Möglichkeiten, die ich dem Blog zu verdanken habe.
Inzwischen gibt es auch ein Buch mit deinen Grafiken – was hat sich dadurch geändert?
Mit einem Buch man wird plötzlich ernstgenommen. Man hat auf einmal eine ganz seltsame Autorität, die man als Blogger komischerweise nicht hat. Durch das Buch haben sich noch einmal sehr viele Türen geöffnet. Inzwischen gibt es auch Postkarten und T-Shirts – das Time Magazine hat mein Blog ein Zirkuspferdchen mit Beinen genannt. Ich denke, das stimmt: Es kann nur einen Trick, aber den ganz gut.
Wer liest dein Blog regelmäßig?
Ich kriege ziemlich viel Traffic von Unis. Ich denke auch, dass mein Humor die Leute dort anspricht – Professoren genauso wie Studenten. Ansonsten ist es bunt gemischt.
Und welche Arten von Feedback bekommst du?
Die beste und gleichzeitig schlimmste Reaktion war ein Heiratsantrag: Ich bekam einen sehr langen Brief von jemandem, der mich ausschließlich über mein Blog kannte. Ihm war es komplett ernst – er hatte einen Lebenslauf begelegt und ein Foto, auf dem er einen Affen im Arm hält. Es war das grusligste Kompliment meines Lebens.
Die 30-Jährige lebt in Seattle. Ihre Grafiken fertigt sie jeden Morgen während der ersten Tasse Kaffee an. Ihr Buch »Indexed« ist über amazon.de auf Englisch erhältlich.
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Interview: Christoph Koch
Gekürzte Version erschienen in: NEON
Grafiken & Foto: thisisindexed.com