In der neuen Reihe „Mein Medien-Menü“ stellen interessante Menschen ihre Lese-, Seh- und Hörgewohnheiten vor. Ihre Lieblingsautoren, die wichtigsten Webseiten, tollsten Magazine, Zeitungen und Radiosendungen – aber auch nützliche Apps und Werkzeuge, um in der immer größeren Menge von Informationen, den Überblick zu behalten und Wichtiges von Unwichtigem zu trennen. Jeden Montag also ein neues Medien-Menü – den Anfang macht Daniel Erk, Journalist, Blogger und Sachbuchautor aus Berlin.
Morgens greife ich noch im Bett zum Smartphone. Dann schaue ich mir Twitter für einen groben Nachrichtenüberblick und Facebook zur bunten Unterhaltung an. Während der Kaffee kocht, läuft Deutschlandfunk. Samstag und Sonntag folgt nach dem Frühstück die SZ (Wochenendabo) oder die FAS (Kiosk) – am Wochenende will ich eine Zeitung in der Hand halten.
Ich habe derzeit tatsächlich nur ein einzige Magazin im Abo: das modern-feministische Magazin Missy. Sonst treibt mich die Magazine-Sucht immer wieder zum Bahnhofskiosk oder zu gutsortierten Läden wie Do You Read Me oder Motto. Dort gebe ich deutlich zu viel Geld für den New Yorker, Spex, The Weekender, Der Schöne Mann, Dummy, Lucky Peach, Lodown und dererlei aus.
Die deutschen Nachrichtenseiten im Netz finde ich alle recht austauschbar. Es erscheint mir vor allem eine Designfrage, ob man nun auf Spiegel Online, Zeit Online oder FAZ.net die neuesten Meldungen von dpa und Reuters liest. Also entscheide ich mich eher für Zeit Online oder FAZ.net, weil man dort zwischen den überall gleichen News oft tolle Geschichte entdeckt.
In Sachen Blogs lese ich gerade besonders gerne „Digital/Pausen“ von Hans Ulrich Gumbrecht auf den Seiten der FAZ. Ist zwar immer ein wenig gestelzt, aber macht mir Laune. Auch erst gerade entdeckt: „Vague“, das Blog von Journalist Peter Praschl und das „Pobplog“ von Jens Balzer, dem Feuilleton-Chef der Berliner Zeitung – zum Niederknien gut geschrieben. Ansonsten lese ich das „Clausewitz“-Blog des Economist und das „Pop-Tagebuch“ von Eric Pfeil. Sonst: Bildblog, Niggemeier, das taz-Popblog und „Arbeit & Struktur“ vom großen Wolfgang Herrndorf.
Es hat mich selbst überrascht, wie viel ich inzwischen auf dem Smartphone lese. Seit ich die „Leseliste“ in Safari auf dem iPhone für mich entdeckt habe, ertrage ich dort auch längere Geschichten, Features, Reportagen. Vieles davon entdecke ich durch Leseempfehlungen auf Twitter und Facebook, wo es ein paar sehr verlässliche, äh, Kuratoren gibt (ich mag den wichtigtuerischen Unterton des Begriffs nicht besonders). Das sind aber fast immer Journalisten oder Wissenschaftler. Die Empfehlungen von @gutetexte auf Twitter halten mich immer wieder vom Schlafen ab. Ansonsten lese ich auf Twitter gerne @evgenymorozov (Gedanken zum Internet), @honigstein (Fußballjournalismus) und @acarvin (Politik in Arabien und Netz; eine immense Linkschleuder, aber darunter ist viel Gutes).
Es gibt Journalisten, die ich besonders gerne lese: Zum Beispiel Nils Minkmar und Peter Richter in der FAS, Jens Balzer in der Berliner Zeitung und Anja Rützel in Business Punk. Eine vollkommen willkürliche Auswahl an Schriftstellern, von denen ich Bücher mochte: Bernhard, Nooteboom, Seghers, Frisch, Lethem, Franzen. Wenn ich Bücher lese, dann lieber Romane als Sachbücher. In letzter Zeit hat mich aber wenig richtig begeistert. Außer Leif Randts „Schimmernder Dunst über Coby County“.
Eine der wenigen Fernsehsendungen, die ich nicht verpasse, ist tatsächlich der sonntägliche „Tatort“. Meist ärgern mich die Filme, aber ich mag das als Ritual. Wenn nach langen Wochen mit miesen Provinzkrimis aber mal wieder ein „Tatort“ gut ist, ist die Freude natürlich irre. Außerdem nicht verpassen: vor Jauch abzuschalten.
Ich habe festgestellt, dass ich seit einigen Jahren viel mehr auf englisch lese als früher. Ich glaube auch, dass die deutschen Medien das noch gar nicht so richtig mitbekommen haben: Dass das Absenken des Anspruchs und der Blick gen England und USA in vielen Onlineredaktionen vor allem dazu führt, dass mancher Leser lieber gleich das Original liest.
Daniel Erk, geboren 1980, ist freier Journalist und Autor. Er war Kolumnist für Neon, Redakteur bei Zeit Online und wurde 2010 für das Hitlerblog auf taz.de mit einem Lead Award ausgezeichnet. Seit Januar gibt sein erstes Buch „So viel Hitler war selten“. Daniel Erk wohnt in Berlin.
Text: Daniel Erk
Foto: Gerald von Foris
Wer auch zukünftige Folgen von „Mein Medien-Menü“ nicht verpassen will, sollte den RSS-Feed abonnieren oder mir auf Twitter folgen.
Vielen Dank an „The Atlantic Wire“ für das wundervolle Format (dort heißt es „What I Read“). Wer Vorschläge hat, wer in dieser wöchentlichen Rubrik auch einmal zu Wort kommen und seine Lieblingsmedien vorstellen und empfehlen sollte, kann mir gerne schreiben.
Disclosure: Mit vielen der Menschen, die hier in „Was ich lese“ ihre Mediengewohnheiten vorstellen (werden), bin ich befreundet oder zumindest leidlich bekannt.
Erster!
Wie langweilig das doch ist, was uns Herr Erk da mitteilt.
Das tut mir natürlich furchtbar leid, dass ich keine – für Sie! – spannendere Lektüre in peto habe. Was lesen Sie denn so Aufregendes?
Also ich finde ganz im Gegensatz zu Simone sowohl das Format, als auch die Mitteilungen von Daniel zu seinen Mediengewohnheiten gut und unterhaltsam! Es ist doch gerade schön im unüberschaubaren Quell an Inhalten die Praktiken im Umgang damit kennenzulernen.
Ich fand es auch interessant, weil ich dachte, ach, der Erk und ich, was wird es da schon für Unterschiede geben. Aber dann war doch alles ganz anders.
Vielen Dank für das Medien-Menue. Endlich gibt es dieses Format auch in Deutschland. Eigentlich wollte das gleiche Format auch starten, bin bei meiner Recherche auf Dein Projekt gestoßen und muss/brauche es nicht mehr selbst zu machen. Auf der einen Seite schade, auf der anderen Seite kann ich mich auf andere Dinge konzentrieren, Drücke Dir die Daumen, dass Du weiter interessante „Interview-Partner“ findet und nicht die Lust verlierst.
Liebe Grüße aus dem Saarland
Das freut mich, danke für die guten Wünsche! AM Ostermontag gab es eine urlaubsbedingte Pause, aber ansonsten geht es weiter, der interessanten Interview-Partner gibt es ja noch viele. Wen es jemanden gibt, der dich besonders interessieren würde, gerne vorschlagen!