Kathrin Hartmann: Mein Medien-Menü (Folge 6)

Written by on 19/03/2012 in Was ich lese with 0 Comments

In der Reihe “Mein Medien-Menü” stellen interessante Menschen ihre Lese-,  Seh- und Hörgewohnheiten vor. Ihre Lieblingsautoren, die wichtigsten Webseiten, tollsten Magazine, Zeitungen und Radiosendungen – aber auch nützliche Apps und Werkzeuge, um in der immer größeren Menge von Informationen, den Überblick zu behalten und Wichtiges von Unwichtigem zu trennen. Jeden Montag also ein neues Medien-Menü – diese Woche mit der Münchner Journalistin und Sachbuchautorin Kathrin Hartmann.

Ich habe ein recht altmodisches Leseverhalten. Fast täglich lese ich zum Beispiel nicht unsere abonnierte Tageszeitung. Wenn sich ein Stapel angesammelt hat, blättere ich aus schlechtem Gewissen alles durch, bleibe dann aber an vielem hängen und schneide Sachen aus, die ich „für später“ sammle. Hat damit zu tun, dass ich lange bei einer Tageszeitung gearbeitet habe, eine wunderbare Zeit in der alten Arbeitswelt: Es gab Boten, die im Telex-Raum Nachrichten in Körbe sortierten und an die Redakteure verteilten. In der Kantine sagte man noch „Mahlzeit“ und die Köchin fragte, ob sie einem in die Kartoffelsuppe „eine Wurst reinbrechen“ soll.

Ich lese viel im Zug, da dann auch Magazine (Neon, Brand eins, Dummy, Titanic, Enorm, Greenpeace Magazin), lieber aber Bücher. Ich besitze keinen E-Book-Reader und kein Smartphone. Ersteres, weil ich viele Sachbücher lese und darin gern herumschmiere. Zweiteres, weil ich mich unterwegs nicht fühlen möchte, als säße ich daheim am Schreibtisch.

Ich mag nicht überall meine Emails lesen; und ich will auch nicht dauernd mit „News“ zugeballert werden. Das klappt leider nicht mehr so gut, seit mein Mann ein Iphone hat. Das liegt neben dem Bett und wenn er es morgens einschaltet, fiept und brummt es aufgeregt und ich bekomme noch im Halbschlaf Meldungen vorgelesen und den Stand meiner Bücher bei Amazon. So zieht er mich schön rein in seinen Sumpf.

Ganz so altmodisch bin ich aber nicht, wenn ich recherchiere, zum Beispiel für mein konzernkritisches Blog ende-der-maerchenstunde.de. Ich suche gezielt online nach Texten zu den Themen, mit denen ich mich beschäftige – zum Beispiel bei FR, taz, SZ, Spiegel, Guardian usw. aber auch bei Wirtschaftsmedien, weil man dort manchmal mehr über Großkonzerne erfährt, als von kritischen NGO.

Ich habe aber festgestellt, dass (konzern-)kritischer Journalismus nicht mehr unbedingt in klassischen sondern in elektronischen Medien stattfindet. Sehr regelmäßig lese ich also NGO-Seiten sowie klima-luegendetektor.de und nachdenkseiten.de, Medien-Blogs wie dieses hier, bildblog.defreischreiber.destefan-niggemeier.de und pantelouris.de. Mir kommt es nicht auf Information alleine an, sondern darauf, wer sie warum wie einordnet und verbreitet.

Begeistert bin ich von Protest-Plattformen – eine schnelle und effektive Art, an Aktionen teilzunehmen, zu lernen und sich zu vernetzen. Etwa campact.orgregenwald.org, saubere-kleidung.de, greenpeace.de und foodwatch.de. Privat bin ich Fan von britcoms.de – aus familiären Gründen und auch weil das meinen privaten Medienkonsum ordnet. Ich gucke nämlich wenig fern, nur Tatort, Lindenstraße, Tagesthemen, Monitor und Reportagen und manchmal bleibe ich auch an Günter Jauch hängen. Meist dann, wenn einer der üblichen Verdächtigen wie Arnulf Baring, Hans-Werner Sinn, Herbert Hentzler oder Roger Köppel „unbequeme Wahrheiten“ verbreitet und ich in eine Ekelstarre verfalle, weswegen ich dann nicht mehr umschalten kann. Meistens guck ich aber britische Sitcoms und amerikanische Serien wie Breaking Bad, Parks and Recreation, Homeland und sowieso die Simpsons.

Kathrin Hartmann, geboren 1972, arbeitet als Buchautorin („Ende der Märchenstunde. Wie die Industrie die Lohas und Lifestyle-Ökos vereinnahmt“, Blessing 2009) und Journalistin in München. Zuvor war sie Redakteurin bei der Frankfurter Rundschau und bei Neon. Soeben ist ihr neues Buch „Wir müssen leider draußen bleiben. Die neue Armut in der Konsumgesellschaft“ im Blessing Verlag erschienen.

Text: Kathrin Hartmann
Foto: Stefanie Füssenich 

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Vielen Dank an “The Atlantic Wire” für das wundervolle Format (dort heißt es “What I Read”). Wer Vorschläge hat, wer in dieser wöchentlichen Rubrik auch einmal zu Wort kommen und seine Lieblingsmedien vorstellen und empfehlen sollte, kann mir gerne schreiben.

Disclosure: Mit vielen der Menschen, die hier in “Was ich lese” ihre Mediengewohnheiten vorstellen (werden), bin ich befreundet oder zumindest leidlich bekannt.

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About the Author

About the Author: Christoph Koch ist Journalist (brand eins, GEO, NEON, Wired, GQ, SZ- und ZEIT-Magazin, Süddeutsche, etc.), Autor ("Ich bin dann mal offline" & "Digitale Balance" & "Was, wäre wenn ...?") sowie Moderator und Vortragsredner. Auf Twitter als @christophkoch unterwegs, bei Mastodon @christophkoch@masto.ai .

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