The XX erheben Schüchternheit zum Prinzip. Das klingt auf dem zweiten Album genauso wie auf dem ersten. Zum Glück!
In Hotels weltweit haben sie gerade ihr zweites Werk »Coexist« vorgestellt. Auch dessen Lieder entstanden nicht in einem professionellen Studio. »Wir haben eine kleine Wohnung in einer ruhigen Straße gemietet, dicke Vorhänge vor die Fenster gehängt und uns dort zu dritt mit minimalem Aufnahmezeug eingeschlossen«, sagt Smith. »Ohne Manager, ohne Produzenten, ohne Studioangestellten.« Der leise Auftritt wird bei The XX zum Gestaltungsprinzip – auch in ihren Interviews. Über die Trennung von der ehemaligen Gitarristin wird ebenso wenig gesprochen wie über die Gerüchte, die Sängerin Romy Madley Croft und der Sänger Oliver Sim seien entweder ein Paar oder homosexuell. »Wir stehen nicht so gern in der Öffentlichkeit «, sagen sie. »Die meisten Dinge im Leben werden besser, wenn man ihnen einen gewissen Zauber lässt, wenn sie ein kleines Mysterium bleiben.« Natürlich haben sie Recht.
Bleibt also die Musik. Sich »neu erfunden« haben The XX sich mit »Coexist« nicht. Sie haben den wispernden Zauber ihres Debüts – den Duettgesang, die warmen Bassläufe, die Drumcomputerrhythmen – nur verfeinert. Die Fans werden die Band dafür lieben. Und einander – auf den Konzerten der Band. »Es bleibt seltsam für uns, dass Leute immer wieder zu unseren Shows kommen, um irgendwo auf der Empore des Saals Sex zu haben«, sagt Jamie. »Das liegt wohl daran, dass sie das zu Hause zu unserer Musik gemacht haben und es auf den Konzerten noch mal erleben wollen.« »Coexist« jedenfalls, so viel kann man sagen, wird niemanden daran hindern.
Text: Christoph Koch
Erschienen in: NEON