In der Reihe “Mein Medien-Menü” stellen interessante Menschen ihre Lese-, Seh- und Hörgewohnheiten vor. Ihre Lieblingsautoren, die wichtigsten Webseiten, tollsten Magazine, Zeitungen und Radiosendungen – aber auch nützliche Apps und Werkzeuge, um in der immer größeren Menge von Informationen, den Überblick zu behalten und Wichtiges von Unwichtigem zu trennen. Jeden Montag also ein neues Medien-Menü. Diese Woche: der Berliner Doktorand Mathis Lohaus, der sein Medien-Menü bereits auf unkewl.de veröffentlicht hat, von wo ich es mit seiner freundlichen Genehmigung übernehme.
(1) Lesen auf Papier
Am längsten abonniert habe ich den SPIEGEL, bin aber (wie viele Leser) der Meinung, das dort früher irgendwie alles besser war. Seit kurzem kommt außerdem die Süddeutsche Zeitung ins Haus, allerdings nur freitags und samstags. Das hat den Vorteil, dass ich nicht im Papier ersticke, aber das famose SZ-Magazin und die dicke Wochenende-Ausgabe bekomme.
Das wichtigste Abo ist allerdings der Economist. Zwar bin ich öfters politisch anderer Meinung, aber die Briten recherchieren einfach viel, behandeln die verschiedensten Temen und haben dann auch noch einen herrlich trockenen Stil. Der Guardian Weekly ist eine gute Ergänzung – politisch weiter links, mit mehr Blick auf soziale Themen und Kultur. Beide zusammen füllen bei mir ganze Wunschlisten mit ihren Buch-Rezensionen.
An Brand Eins habe ich mich leider eines Tages irgendwie satt gelesen und das Abo nicht mehr verlängert. Für den Nerd in mir kaufe ich ab und an eine c’t am Kiosk. Unterwegs gerne die FAZ oder Sonntagszeitung; mit derZeit werde ich einfach nicht warm. Insgesamt möchte ich die Abos auf Papier nicht missen, auch wenn der permanente Stapel an “noch zu lesenden” Artikeln manchmal frustrierend ist.
Was bei dieser Auflistung natürlich noch fehlt sind die ganzen Bücher und Fachartikel, die ich privat und/oder “akademisch” lese. Irgendwann werde ich von meinem Versuch berichten, das alles effizienter zu organisieren – aber vorher muss ich diesen Anlauf auch unternehmen…
(2) Lesen im Netz
Im Browser habe ich oben eine Leiste mit Links zu häufig angesteuerten Seiten. Zuerst stehen dort FAZ.net, SZ.de, Zeit.de, heise.de. Ehrlich gesagt lese ich nicht oft im Detail, sondern begnüge mich mich mit einem schnellen Überblick. SPON darf wegen des hohen Ablenkungs-Potentials nicht in die Leiste, aber manchmal steuere ich die Seite “manuell” an und scanne die Überschriften. Damit ist der deutsche Nachrichten-Mainstream abgedeckt, was niemanden überraschen dürfte.
Zwei weitere Angebote sind wichtige Anlaufstellen für mich: Reddit und der Google Reader. Reddit ist dabei ganz klar auf Unterhaltung ausgerichtet. Ich habe einen Account und die Startseite dahingehend angepasst, dass sie (für meinen Geschmack) noch mehr “Spannung, Spiel und Spaß” liefert als sowieso schon. Ein riesiger Zeitfresser, vor allem wenn man sich noch selbst in Diskussionen einbringt (was ich allerdings kaum tue)…
Beim Reader habe ich nicht mehr so viele RSS Feeds abonniert wie zu früheren Zeiten. Nachdem ich festgestellt habe, dass Entertainment-Sammel-Blogs mich extrem ablenken (und oft nur alten Kram recyclen), ist mein Schwerpunkt bei den digitalen Abonnements Richtung Text und Seriosität gewandert. Eine besonders ergiebige Quelle für vielseitigen, schlauen Input ist The Browser, wo jeden Tag viele spannende Empfehlungen kommen. Marginal Revolution ist toll für Wirtschaftsthemen und mein Maßstab dafür, wie man als Akademiker unterhaltsam und produktiv bloggt. Die deutsche Blogosphäre ist bei mir momentan stark unterrepräsentiert, was ich aber gerne wieder ändern möchte. (Tipps?)
Etwas aus dem Raster fallen meine Comic-Abos: Dilbert, JL8, Saturday Morning Breakfast Cerial, xkcd, ahoi polloi und PHD Comics sind einfach eine tolle Abwechslung, auch für “zwischendurch” in der U-Bahn.
Der entscheidende Satz zum produktiven/effizienten Lesen im Internet ist: “Dump polling as a web-surfing style“. RSS Feeds sind einfach großartig, weil man eben nicht mehr auf Verdacht die “Favoriten” im Browser ansteuern muss, sondern einfach ab und an an zentraler Stelle nachschauen kann, welche Beiträge neu dazu gekommen sind. Das bedeutet natürlich nicht, dass ich automatisch weniger Zeit im Web verbringe. Doch zumindest habe ich auch in “unproduktiven” Phasen das Gefühl, meine Aufmerksamkeit nicht völlig zu verschwenden.
(3) Gucken & Hören
Ich kann micht nicht erinnern, wann ich mir im Fernsehen zuletzt gezielt eine Sendung angeschaut habe, die keine Sportübertragung war. Das soll jetzt keine modische Anti-TV-Attitüde zur Schau stellen. Streng genommen schaue ich gerne Fernsehprogramme, nämlich amerikanische Serien und z.B. die Daily Show. Nur eben nicht “live”, sondern bei Interesse auf DVD oder via Internet.
Radios habe ich jahrelang überhaupt nicht genutzt oder (in Autos) sogar zornig angebrüllt, wenn nichtmal der aktuell lustige Trash-Hit sondern überall nur Werbung oder – noch schlimmer – Moderation kam. In letzter Zeit höre ich am Frühstückstisch der Lieblings-Gastbloggerin öfter Funkhaus Europa oder Deutschlandradio. Ich bin kein Fan, aber zumindest nicht mehr so genervt von der ganzen Branche wie früher.
Was ich dann noch erwähnen sollte ist Spotify. Vor zwei Jahren habe ich schon jubiliert, dass nun alles besser wird. Fakt ist: Statt mich auf Youtube über die GEMA aufzuregen, kann ich jetzt bei Spotify alles hören, was ich weder als CD habe noch als MP3 zu kaufen bereit bin. (Die müssen denken, ich sei der weltgrößte Liebhaber von Rap und Mainstream-Pop…)
Viel mehr aber auch nicht. Möglichkeiten, neue Musik zu entdecken, nutze ich viel zu wenig. Blöd auch, dass ich zwar jeden Monat etwas Geld in den werbefreien Pro-Account stecke, die Vergütung für Künstler aber trotzdem lächerlich geringt ist. Aber das ist ein anderes Thema…
Mathis Lohaus ist Doktorand an der Freien Universität Berlin. Dort untersucht er, wie sich internationales Recht zur Bekämpfung von Korruption entwickelt. Insgesamt verbringt Mathis eine Menge Zeit im Internet und bloggt (manchmal) unter unkewl.de.
Text & Bild: Mathis Lohaus
Crosspost von unkewl.de
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Vielen Dank an “The Atlantic Wire” für das wundervolle Format (dort heißt es “What I Read”). Wer Vorschläge hat, wer in dieser wöchentlichen Rubrik auch einmal zu Wort kommen und seine Lieblingsmedien vorstellen und empfehlen sollte, kann mir gerne schreiben.