In der Reihe “Mein Medien-Menü” stellen interessante Menschen ihre Lese-, Seh- und Hörgewohnheiten vor. Ihre Lieblingsautoren, die wichtigsten Webseiten, tollsten Magazine, Zeitungen und Radiosendungen – aber auch nützliche Apps und Werkzeuge, um in der immer größeren Menge von Informationen den Überblick zu behalten und Wichtiges von Unwichtigem zu trennen. Jeden Montag also ein neues Medien-Menü. Diese Woche: Die Dokumentarfilmerin Natalia Imaz.
Wie informierst du dich morgens als erstes?
Während der Woche überfliege ich morgens beim Kaffeetrinken Spiegel Online und Facebook auf dem iPhone. Spiegel Online regt mich zwar zu oft auf (erst recht seit die Wirtschaftskrise in Spanien um sich schlägt und ich mich über jeden einzelnen Artikel über die spanische Siestakultur und das viele Vermögen der Siesta-schlafenden Spanier aufregen darf), aber irgendwie landet man dann immer doch wieder bei denen. Sonst gibt es auch mal einen schnellen Blick auf Flipboard.
Welche Zeitungen / Magazine hast du im Abo oder liest du regelmäßig?
Im Abo haben wir zuhause Die Zeit und die FAS, zur Zeit bekommen wir auch noch täglich für ein paar Wochen die FAZ (als Treue-Dankeschön, dass wir nicht wirklich gewollt haben), die aber unter der Woche zu lesen hat sich schnell als total unpraktikabel herausgestellt. Ansonsten gibt es ein im Abo: die „Häuser“, die „essen & trinken“, das arte-Magazin und momentan das Greenpeace-Magazin (was mich genau geritten hat, die neulich für ein Jahr zu abonnieren, weiß ich jetzt auch nicht mehr – das ist so „null ich“, eigentlich). Beinahe monatlich kaufe ich im Supermarkt auch das „Lust auf Genuss“-Magazin (bekloppter Name, aber sehr gute Rezepte drin). Die AD gibt es auch sehr oft (sowohl die deutsche Ausgabe als auch die spanische, die mir wesentlich besser gefällt). Und dann phasenweise öfter oder seltener die brand eins und die zitty – momentan eher seltener.
In letzter Zeit habe ich dann auch vermehrt das Bedürfnis, über die Lage in Spanien auf dem Laufenden zu sein, deshalb lese ich jetzt wieder öfter „El Pais“ und „El Mundo“ im Netz. Und dann digital noch alles mögliche was mit Essen zu tun hat, z.B. das Sweet Paul Magazine oder die Food-Sektion der NYT.
Und im Büro bekomme ich quartalsweise das DOX-Magazin von European Documentary Network geliefert.
Was liest du auf Reisen?
Es kommt darauf an – im Urlaub lese ich vor allem Romane und ein oder zwei Mal im Jahr, wenn ich vielleicht irgendwo am Strand liege, „typische“ Frauenzeitschriften (die nerven mich aber sehr schnell). Wenn ich wegen der Arbeit unterwegs bin, tendiere ich auch eher mehr dazu, im Flieger Fachliteratur zu lesen. Und ich habe die Angewohnheit, am Flughafen immer Kochzeitschriften zu kaufen – wenn ich dann keine spannenden Sachen finde, werde ich schnell grantig.
Welche Nachrichtenseiten im Netz sind Dir wichtig?
Für den täglichen Gebrauch Spiegel Online (obwohl es eher so ein Hass-Liebe-Ding ist, mit uns beiden), ab und zu Die Zeit.
Welche Blogs liest du?
Viele, meistens Kochblogs und solche, die sich mit Design, Einrichtung, etc. beschäftigen. Früher, als meine Kochblogs noch aktiv waren, habe ich wesentlich mehr Blogs gelesen. Jetzt fehlt mir zum Einen die Zeit dafür und zum Anderen erhole ich mich auch gerade ein wenig von einer gewissen Blog-Sättigung. Ein paar Lieblinge, denen ich über die ganzen Jahren die Treue halte: Door Sixteen, Design Sponge, Smitten Kitchen und Sweet Fine Day. Auch spannend ist das Blog von The School of Life, einer Initiative hinter der Alain de Botton steckt. Viele andere Seiten laufen bei mir eher nach dem Prinzip „Anschauen ja, Lesen nicht unbedingt“, zum Beispiel auch Freunde von Freunden, die eigentlichen Interviews lese ich da so gut wie nie. Eine Webseite, die ich in letzter Zeit entdeckt habe und absolut liebe ist Brain Pickings. Einfach toll!
Was ist wichtige berufliche Lektüre für dich?
Alles Mögliche – ich lese gern Fachbücher zu verschiedenen Aspekten meines Jobs, manchmal geht es um Filmrecht oder um das Pitchen oder Stoffentwicklung, oder um Distribution, Storytelling oder Transmedia, manchmal sind es Essays über das dokumentarische Genre an sich. Je nach dem, woran ich thematisch gerade arbeite, lese ich auch schon mal gerne zu Recherchezwecken Sachbücher dazu. Auch Festivalkataloge sind für mich zum Beispiel eine wichtige Lektüre: welche Filme werden gerade gemacht und mit besonderer Vorliebe bei welchen Festivals gezeigt, welcher TV-Sender unterstützt gerade welche Art von Projekten, welcher Sales Agent hat was aktuell im Katalog.
Ich erhalte eine Unzahl an Newslettern, die mir helfen auf dem Laufenden zu sein: die Newsletter von Cineuropa, Festival Scope, German Films oder EDN z.B., Festival-Newsletters (IDFA, Dok Leipzig, Hot Docs, etc.).
Das Dox-Magazin vom EDN European Documentary Network lese ich gern, auch einige Blogs rund um die Dok-Branche. Und sonst ist Facebook für mich beruflich eine wichtige Informationsquelle geworden – so bin ich auf dem Laufenden über Filme, Screenings und Events, Workshops, Festivals, Förderprogramme, etc.
Welche Art von Büchern liest du am liebsten (Sachbücher, Fiction, Biografien)?
Romane vor allem, gern auch Sachbücher. Ich habe außerdem eine unheilbare Schwäche für Kochbücher. Und über das reine „Lesen“ hinaus, vielleicht mehr im Bereich „eye candy“, Architekturbücher und Bücher, die sich in irgendeiner Form mit Kartographie befassen („Strange Maps“, „The Atlas of the Real World“, „Atlas der fiktiven Orte“). Auch immer wieder gerne: Bücher, die sich mit Statistiken, Zahlen und derartigen Darstellungen der Welt um uns herum beschäftigen – das drei Kilo schwere „Information Graphics“ von Taschen ist so ein Ding. Oder aus dem jüngsten Kaufrausch: „100 Diagrams that changed the world“.
Welches Buch hat dich in letzter Zeit am meisten beeindruckt?
Ist schon etwas länger her, aber ich glaube, die beiden Bücher, die mich in den letzten Jahren am nachhaltigsten beschäftigt haben waren „Glück und Architektur“ von Alain de Botton und „Die Stimmen des Flusses“ von Jaume Cabré – ein unfassbar toll geschriebener Roman mit dem spanischen Bürgerkrieg als Ausgangspunkt. Ein Buch, das mich aus persönlichen Gründen sehr lange sehr intensiv beschäftigt hat.
Welche Apps/Tools/Programme helfen dir, informiert zu bleiben?
Zur Zeit eher nur Flipboard – wobei ich ja noch dabei bin, mir das optimal einzurichten, mal sehen…
Wie viel liest du auf dem Smartphone, Tablet, o.ä.?
Auf dem Smartphone viel. Tablet habe ich keins, da klaue ich das meines Mannes höchstens ein paar Mal im Jahr, meist beim Probieren neuer Kochrezepte aus dem Netz in der Küche, wo das Laptop zu viel Platz in Anspruch nimmt.
Von wem oder was fühlst du dich dort besonders gut informiert?
Vom Internet im Allgemeinen. Und was Empfehlungen angeht, am besten eigentlich von meinem Mann – er ist ein ziemlich guter „Kurator“. Die meisten Zeitungsartikel-Empfehlungen kommen von ihm, oder er liest mir Dinge direkt aus der Zeitung vor. Auch was Spielfilme angeht, ist er eine gute und zuverlässige Infoquelle.
Gibt es tägliche oder wöchentliche Leserituale?
Ich versuche momentan wieder das Lesen im Bett vorm Schlaf als festes Ritual zu reanimieren, funktioniert gerade an manchen Tagen besser, an vielen anderen leider nur mäßig.
Wer sind deine Lieblingsautoren (Buch, Zeitung, Magazin)?
Mehr als Lieblingsautoren, habe ich Lieblingsthemen. Der spanische Bürgerkrieg ist so ein Thema – dazu lese ich sehr gerne Bücher, ob Fiktion oder Sachbuch. Ansonsten eher die spanischen Autoren, mit denen ich groß geworden bin. Und dann gibt es Arturo Pérez Reverte, der einzige Schriftsteller, von dem ich tatsächlich alle Bücher ausnahmslos gelesen habe (bis auf den letzten Roman, der aber bereits im Regal auf mich wartet). Ich bin mit ihm aufgewachsen als er noch Kriegsreporter fürs Fernsehen war – er war der Grund warum ich Journalismus studiert und davon geträumt habe, wie Oriana Fallaci zu sein. Der erste Mann mit dem ich jemals Durchbrennen wollte (tue ich eines Tages vielleicht noch), damals als ich noch sehr klein war. Seine Bücher sind von der literarischen Qualität her mal besser und mal nicht so toll – aber darum geht es ja auch irgendwie dann nicht. Da schwimmt ein bisschen „guilty pleasure“ auch mit.
Gibt es eine Radio- oder Fernsehsendung, die du möglichst nie verpasst?
Radio hasse ich. Klassisches Fernsehen ist irgendwie völlig inkompatibel mit meinem Leben. Das Einzige, was ich im TV versuche nie zu verpassen, sind mittlerweile Sport-Ereignisse: Die ganze Formel 1-Saison. Die Fußballmeisterschaften oder einzelne CL- oder Pokal-Spiele, meditative Dinge wie Olympia-Turmspringen, so etwas. Ich bin verrückt nach Serien, die schaue ich mittlerweile ausschließlich auf DVD oder im Stream, in letzter Zeit gab es eine Menge hiervon: „Fringe“, „Downton Abbey“, „Community“, „New Girl“, „The Good Wife“, „Go On“,…
Wie haben sich deine Lesegewohnheiten in den letzten Jahren geändert?
Ich lese definitiv weniger Bücher als früher. Es schwankt aber auch phasenweise sehr, da gibt es wieder Momente, wo ich den totalen Rausch bekomme und dann nicht ansprechbar bin weil im Buch versunken. Ich hatte mir in diesem Jahr vorgenommen, da wieder eine gesunde Regelmäßigkeit einzubringen, momentan scheitert es aber ein wenig an Zeit- und vor allem Energiemangel. So banal es auch klingen mag: abends um zehn oder halb elf, wenn wir gerade mal mit dem Abendessen fertig sind, fällt es mir an den meisten Tagen leichter mich von kurzen Sitcoms oder dem iPhone-Bildschirm berieseln zu lassen.
Natalia Imaz wurde in Spanien geboren, lebt aber seit nunmehr 15 Jahren freiwillig im deutschen „Exil“. Sie liebt das Essen ergo das Kochen. Nach einem Journalismus-Studium arbeitete sie im Bereich TV-Nachrichten, mittlerweile beschäftigt sie sich nur noch mit der wunderbaren Welt des Dokumentarfilms – meist als Produzentin.
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Vielen Dank an “The Atlantic Wire” für das wundervolle Format (dort heißt es “What I Read”). Wer Vorschläge hat, wer in dieser wöchentlichen Rubrik auch einmal zu Wort kommen und seine Lieblingsmedien vorstellen und empfehlen sollte, kann mir gerne schreiben.