In der Reihe “Mein Medien-Menü” stellen interessante Menschen ihre Lese-, Seh- und Hörgewohnheiten vor. Ihre Lieblingsautoren, die wichtigsten Webseiten, tollsten Magazine, Zeitungen und Radiosendungen – aber auch nützliche Apps und Werkzeuge, um in der immer größeren Menge von Informationen den Überblick zu behalten und Wichtiges von Unwichtigem zu trennen. Jeden Montag also ein neues Medien-Menü. Diese Woche: Die frisch gebackene Uni-Absolventin und freie Journalistin Eva Schulz.
Wie informierst du dich morgens als erstes?
Das Badezimmer ist mein persönlicher Newsroom: Dort steht ein Radio, das nur BR 5 kennt. Weil ich am Morgen doch immer meine 20 Minuten brauche, höre ich so schon beim Duschen und Zähne Putzen zwei Mal die Nachrichten und im besten Fall noch eine tolle Hintergrund-Reportage oder das Neueste aus Wirtschaft und Kultur. Nach dem Frühstück folgen dann Facebook und der RSS-Reader.
Welche Zeitungen / Magazine hast du im Abo oder liest du regelmäßig?
Ich gebe so gut wie kein Geld mehr für Print-Journalismus aus. Im Abo habe ich deshalb lediglich den Fluter, das sehr tolle junge Magazin der Bundeszentrale für politische Bildung, und das Medium Magazin, das mir meine Großeltern geschenkt haben. Über meine Uni bekomme ich außerdem die Wirtschaftsmagazine Enorm und Impulse umsonst.
Was liest du auf Reisen?
Unterwegs sitzt das Geld auf einmal doch locker – Bahnhofs- und Flughafenkioske haben eine betörende Wirkung auf mich. Hier entdecke ich gern neue Magazine oder kaufe, wenn ich auf Nummer Sicher gehen will, eine Ausgabe von Brand Eins oder Effilee. Außerdem habe ich immer mindestens ein Buch im Gepäck.
Welche Blogs liest du?
Ich habe knapp 200 RSS-Feeds abonniert und in meinem Reader in folgende Ordner einsortiert: amerikanische Blogs, erwachsene deutsche Blogs, Fotos, Herren der Schöpfung, junge deutsche Blogs, Küche, Medien, Mode, Politik, Tumblr, Uni und Schule, Wohnen.
Was ist wichtige berufliche Lektüre für dich?
Für jedes neue Thema, das wir im „Klub Konkret“ besprechen, stellt Simon Hurtz eine ausführliche kommentierte Recherche zusammen. Damit fühle ich mich immer bestens informiert.
Welche Art von Büchern liest du am liebsten (Sachbücher, Fiction, Biografien)?
Dieses Frühjahr habe ich meine Abschlussarbeit geschrieben. Als Ausgleich zu den anstrengenden kommunikationswissenschaftlichen Wälzern mussten in dieser Zeit französische Krimis herhalten, bei denen es meistens mehr um Küche als um Killer ging. Jetzt wage ich mich allmählich wieder an etwas nahrhaftere Kost: Auf dem Nachttisch liegen Paul Auster, Rafik Schami und Toni Morrison.
Welches Buch hat dich in letzter Zeit am meisten beeindruckt?
Ein Highlight der Bachelorphase waren Pierre Bourdieus düster-polemische Vorträge „Über das Fernsehen“ (1998 bei Suhrkamp erschienen). Darin beschreibt er das Phänomen des „fast-thinking“ in Talkshows, die homogenisierende Wirkung von Einschaltquoten und sogenannte „Omnibus-Nachrichten“, die uns von den wirklich wichtigen News ablenken. Auch wenn ich nicht in allen Punkten mit ihm übereinstimme, kamen wir doch beide zum gleichen Schluss – dass nämlich „dieses scheinbar entfesselte Medium Fernsehen in Wirklichkeit gefesselt ist“.
Wie viel liest du auf dem Smartphone, Tablet, o.ä.?
Ich habe mir das iPad meiner Eltern einmal für ein paar Wochen ausgeliehen, um zu sehen, ob es für die Uni taugt, musste aber feststellen, dass ich doch zu sehr Textmarkermädchen bin. Gerade unterwegs habe ich aber schon oft auch lange Texte auf dem Bildschirm meines Telefons gelesen.
Welche Rolle spielen Leseempfehlungen/Links durch Soziale Netzwerke?
Facebook und Twitter sind zu meinen wichtigsten Quellen für gute Texte unbekannter Autoren geworden. Außerdem gibt es da noch das Netzwerk Quote.fm, das mir ebenfalls regelmäßig Goldstücke vor die Füße spült. Leider gaben die Erfinder vor ein paar Wochen bekannt, dass sie sich aus dem Projekt zurückziehen. Bleibt also abzuwarten, was nun daraus wird.
Gibt es tägliche oder wöchentliche Leserituale?
Fast jeden Samstag zieht es mich ins „Medienhaus am See“, die Stadtbücherei von Friedrichshafen. Dort lungere ich stundenlang in einem Sitzsack mit Seeblick und lese je nach Stimmung und Titelgeschichten mal die Zeit, mal den Spiegel, mal NZZ Folio, mal Neon. Meistens von allem ein bisschen.
Wer sind deine Lieblingsautoren (Buch, Zeitung, Magazin)?
Ich würde nie einen Text von Benjamin von Stuckrad-Barre einfach so überblättern und warte sehr gespannt auf das zweite Buch von Marisha Pessl („Special Topics in Calamity Physics“, 2006), das dieses Jahr endlich erscheint. Darüber hinaus bringen mich die Geschichten von Max Buddenbohm immer wieder zum Grinsen.
Gibt es eine Radio- oder Fernsehsendung, die du möglichst nie verpasst?
Ich arbeite für die kleine, aber feine Talk- und Reportagesendung „Klub Konkret“ von EinsPlus. Die verpasse ich zwar ziemlich oft, man kann sie aber zum Glück auch non-linear auf YouTube bzw. in der ARD Mediathek sehen.
Hast du einen Lieblings-Podcast?
Beim Joggen höre ich öffentlich-rechtliche Interviewsendungen. Am schönsten fragt Till Haase vom 1LIVE Plan B Talk. Ein weiterer Schatz sind die langen, oft herrlich essayistischen Stücke vom Zündfunk Generator.
Irgendetwas, das ich vergesse habe, du aber trotzdem gerne liest?
Ich freue mich auf: die Blätter für Juli und August in meinem Kalender (komplett leer), die Speisekarte vom Lamm in Kau (ein letztes Mal feinste schwäbische Hausmannskost) und dann hoffentlich ein Angebot für ein freies WG-Zimmer in einer aufregenden Stadt – gern auch direkt via Facebook oder Twitter.
Eva Schulz, 22, beendet gerade ihr Studium der Kultur, Kommunikation und Wirtschaft und arbeitet daneben als freie Journalistin. Sie schreibt eine Kolumne in ZEIT Campus, ist als Reporterin für den „Klub Konkret“ unterwegs und bloggt unter www.hurra-blog.de.
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Vielen Dank an “The Atlantic Wire” für das wundervolle Format (dort heißt es “What I Read”). Wer Vorschläge hat, wer in dieser wöchentlichen Rubrik auch einmal zu Wort kommen und seine Lieblingsmedien vorstellen und empfehlen sollte, kann mir gerne schreiben.
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