In der Reihe “Mein Medien-Menü” stellen interessante Menschen ihre Lese-, Seh- und Hörgewohnheiten vor. Ihre Lieblingsautoren, die wichtigsten Webseiten, tollsten Magazine, Zeitungen und Radiosendungen – aber auch nützliche Apps und Werkzeuge, um in der immer größeren Menge von Informationen, den Überblick zu behalten und Wichtiges von Unwichtigem zu trennen. Jeden Montag also ein neues Medien-Menü – diese Woche mit dem Schweizer Digitalstrategen David Bauer.
Wie informierst du dich morgens als erstes?
Twitter. Nirgendwo sonst bekomme ich so schnell einen Überblick über alles, was für mich wichtig ist und mich interessiert. Ein bis zweimal pro Woche stehe ich eine Stunde früher auf und lese in einem Buch, bevor ich mich in den Nachrichtenfluss bei Twitter stürze.
Welche Zeitungen / Magazine hast du im Abo oder liest du regelmäßig?
Ich habe noch ein einziges Printmedium abonniert: Dummy. Es erscheint selten genug und enttäuscht mich nie. Die TagesWoche, für die ich arbeite, bekomme ich nach Hause geschickt. Das sind die beiden Medien, die ich regelmässig auf Papier lese. Für alles, was ich digital regelmässig lese, habe ich Newsletter abonniert. Das sind rund 20 Stück, teils für tägliche News, die meisten aber mit kuratierten Magazintexten.
Was liest du auf Reisen?
In die Ferien nehme ich immer ein paar von den Büchern mit, die ich laufend bestelle und dann doch nicht lese. Dazu tonnenweise auf dem iPad gespeicherte Texte. Wenn ich besonders entspannt bin, verwechsle ich durchaus auch mal das Buch mit dem Tablet.
Welches Buch hat dich in letzter Zeit am meisten beeindruckt?
„Kongo“ von David Van Reybrouck. Dicht, atemraubend, habe selten ein so gutes historisches Buch gelesen.
Welche Nachrichtenseiten im Netz sind Dir wichtig?
Bei einer Handvoll Schweizer Newsseiten, 20min.ch, Tages-Anzeiger, Blick, NZZ, Watson, schaue ich regelmässig vorbei. Ausserdem Zeit Online und seltener Spiegel Online. Wenn ich irgendwo Breaking News aufschnappe und zuverlässige Informationen und einen raschen Überblick dazu suche, ist der Guardian meine erste Adresse.
Welche Blogs liest du?
Zu viele, um überhaupt den Versuch zu unternehmen, sie zu nennen. Einige Favoriten: Flowing Data von Nathan Yau, Kottke.org, die Beiträge von Nick Bilton im Bits Blog der New York Times, die beiden grossartigen Bildblogs Big Picture und In Focus. Mein absoluter Geheimtipp: Empirical Zeal.
Was ist wichtige berufliche Lektüre für dich?
Das meiste davon erreicht mich via Twitter, von Leuten, die sich wie ich beruflich mit Technologie und Journalismus im digitalen Kontext auseinandersetzen. Das Nieman Lab ist eine der ergiebigsten Quellen und wenn ich etwas speziell herausgreifen müsste: die Serie «Content Economics» von Felix Salmon. Dazu in letzter Zeit immer häufiger technische Anleitungen zu Programmiersprachen, Datenvisualisierungen und ähnlichem.
Welche Apps/Tools/Programme helfen dir, informiert zu bleiben?
Twitter (hab ich das schon erwähnt?) und Facebook, um informiert zu sein, was in der Welt und in meinem Freundeskreis passiert. Digg Reader für all meine RSS-Feeds, Instapaper, um Texte für später zu speichern (siehe wöchentliche Leserituale). Reddit um leicht Abseitiges zu entdecken. Zite, von dem ich immer wieder aufs Neue beeindruckt bin, wie gut es auf mich zugeschnittene Empfehlungen abgibt. Instacurate, das ich selber programmiert habe, für die Momente, wenn mir Twitter zu unübersichtlich wird. Circa wäre die perfekte News-App für mich, ist im Moment aber noch zu USA-lastig.
Wie viel liest du auf dem Smartphone, Tablet, o.ä.?
News lese ich inzwischen hauptsächlich auf dem Smartphone, längere Texte fast ausschliesslich auf dem Tablet. Auf dem Computer lese ich vor allem Texte, mit denen ich unmittelbar arbeite.
Gibt es tägliche oder wöchentliche Leserituale?
Der Freitagmorgen ist reserviert für all die längeren Stücke, die ich mir unter der Woche abspeichere, wenn ich keine keine Zeit finde. Mit meinem Newsletter Weekly Filet, den ich jeweils am Freitagnachmittag verschicke, zwinge ich mich dazu, diesen Lektürehalbtag auch konsequent einzuhalten. Mache ich nun seit über drei Jahren, hat sich wunderbar bewährt.
Wer sind deine LieblingsautorInnen (Buch, Zeitung, Magazin)?
Alexis Madrigal, weil er zeigt, wie Magazinjournalismus im digitalen Zeitalter aussehen kann. Carolin Emcke, weil sie mit grosser Empathie und Demut an die wirklich wichtigen Themen heran geht. Matt Taibbi, weil er die Finanzindustrie seziert wie kein anderer. Und viele andere, denen ich genau deshalb auf Twitter folge, weil ich sie sehr gerne lese. Wobei lesen natürlich zu kurz greift: Ich bewundere Leute wie Gregor Aisch, Moritz Stefaner, Lena Groeger, Giorgia Lupi oder Carlo Zapponi dafür, wie sie mit Code und Daten Geschichten erzählen können.
Gibt es eine Radio- oder Fernsehsendung, die du möglichst nie verpasst?
Gibt es nicht. Dafür bin ich einer, der ungeduldig auf neue Folgen von Black Mirror, Sherlock, True Detective, Hannibal, House of Cards und Homeland wartet.
Wie haben sich deine Lesegewohnheiten in den letzten Jahren geändert?
Ich lese viel mehr digital, lese ganz allgemein viel mehr. Und ich habe den Eindruck, dass ich deutlich mehr richtig Gutes zu lesen bekomme.
Irgendetwas, das ich vergesse habe, du aber trotzdem gerne liest / siehst / hörst?
Philosophy Bites. Grossartige Podcast-Serie, von der ich immer wieder vergesse, dass es sie gibt. Was den Vorteil hat, dass ich mich immer wieder aufs neue freuen kann, wenn ich sie entdecke.
David Bauer ist Journalist und Digitalstratege bei der TagesWoche. Er ist Autor des Buchs «Kurzbefehl», Chefmetzger des Weekly Filet und programmiert in der Freizeit Sachen wie das Spiel «You Don’t Know Africa». Auf Twitter zu finden als @davidbauer.
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Vielen Dank an “The Atlantic Wire” für das wundervolle Format (dort heißt es “What I Read”). Wer Vorschläge hat, wer in dieser wöchentlichen Rubrik auch einmal zu Wort kommen und seine Lieblingsmedien vorstellen und empfehlen sollte, kann mir gerne schreiben.
Offenlegung: Mit einigen der Menschen, die hier ihre Mediengewohnheiten vorstellen, bin ich befreundet. Links zu Amazon sind sogenannte Affiliate-Links. Das bedeutet, ich bekomme im Fall eines Kaufs eine kleine Provision (natürlich ohne zusätzliche Kosten für den Käufer).