Programmierer sind eigenwillige Typen und werden händeringend gesucht. Einer, der weiß, wie sie ticken, ist Joel Spolsky. Besuch bei einem Veteranen der Szene.
Das blaue Hemd des Microsoft-Chefs Steve Ballmer ist so durchgeschwitzt, dass die Kreise unter seinen Achseln fast bis zum Schweißlatz an seiner Brust reichen. „Developers, developers, developers!“, schreit er mit sich überschlagender Stimme und hochgerissenen Armen immer und immer wieder. Er ist außer Atem vom Herumhüpfen auf einer Bühne vor Tausenden von Softwareentwicklern. Die will er auf Microsoft einschwören – denn sie sind es, denen er und der Unternehmensgründer Bill Gates ihre Milliarden verdanken. Vermutlich wurde das Video bei einer Windows-Entwicklerkonferenz um die Jahrtausendwende aufgenommen. Der Clip symbolisiert eine Zeitenwende. Steve Ballmer hatte verstanden, dass die Programmierer, die da in endlosen Reihen vor ihm saßen, mehr waren als die zuvor oft verspotteten Nerds. Sie waren vielmehr die Konstrukteure der neuen digitalen Welt. „Code is law“ fasste es ungefähr zur selben Zeit Lawrence Lessig zusammen, Jura-Professor in Harvard: Software sei das neue Gesetz unserer Zeit.
Wie kam es dazu, dass Programmierer die Macht und Bedeutung erlangten, die sie heute genießen? Wie hat sich der vergleichsweise junge Beruf verändert? Wer sich für diese Fragen interessiert, fragt am besten Joel Spolsky, eine Art Guru der Szene. Er begann schon als Kind mit dem Programmieren. In den Nullerjahren wurde er mit seinem Blog Joelonsoftware zur wohl wichtigsten Stimme der Berufsgruppe. Er hat Bücher über das Programmieren verfasst und ist heute Chef von Stack Overflow, der weltweit größten Plattform, auf der sich Softwareentwickler austauschen und gegenseitig unterstützen.
Spolsky empfängt in einem Besprechungszimmer in Downtown Manhattan, das wegen der Ledersessel und Bücherwände an eine winzige Bibliothek erinnert. Sein schwarzes T-Shirt, die Uniform der Softwareentwickler in aller Welt, spannt ein wenig am Bauch. Spolsky fungiert als Ein-Mann-Lobby für die Programmierer. Er versteht sie wie kaum ein anderer, setzt sich für ihre Belange ein und hilft Unternehmen dabei, den steigenden Bedarf an qualifizierten Entwicklern zu decken – das ist sein Geschäftsmodell. Spolsky kann unterhaltsam erzählen – ein idealer Guide für eine Zeitreise durch die Programmierer-Geschichte.
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Text: Christoph Koch
Foto: Heji Shin / Screenshot brandeins.de