Mit Wetten lassen sich Wahlergebnisse vorhersagen. Dachte man. Bis zum Brexit. Wie konnte das passieren?
Wenn die US-Amerikaner am 8. November zur Wahl gehen, endet nicht nur ein rund einjähriger Wahlkampf. Es endet auch der rund ebenso lange währende Versuch, vorherzusagen, wer am Ende ins Weiße Haus einziehen darf. Neben den klassischen Wahlumfragen am Telefon oder auf der Straße hat sich dafür ein weiteres Werkzeug etabliert: sogenannte Wett-, Prognose- oder Vorhersagemärkte. Dort werden die Teilnehmer nicht gefragt, wie sie selbst entscheiden würden, wenn am kommenden Sonntag eine Wahl anstünde. Sondern sie sollen Geld auf die Wahlentscheidungen anderer setzen.
Das kann zum einen durch klassische Wetten geschehen: Man setzt einen gewissen Geldbetrag etwa auf Kandidat A. Gewinnt dieser, gewinnt man mit. Wie viel, das hängt von dessen Quote ab, also davon, wie die anderen Spieler dessen Chancen eingeschätzt haben. Das zweite Modell ist etwas komplexer: Hier kann man an einem eigens dafür eingerichteten Markt „Aktien“ der teilnehmenden Parteien oder Kandidaten kaufen und verkaufen. Die Kurse spiegeln wider, welches Wahlergebnis die Masse der Händler erwartet. Wer glaubt, dass eine Partei besser abschneiden wird, als ihr momentaner Kurs anzeigt, der kauft zu. Wer glaubt, dass ein Kandidat zu hoch bewertet ist, verkauft.
In den USA und in Deutschland, wo Glücksspiel in der Regel verboten ist, ist das letztere Modell populärer. Die Prognosebörsen werden oft von akademischen Institutionen betrieben, und die Einsätze sind limitiert oder nur Spielgeld.
Einer der bekanntesten dieser Märkte in den USA ist Iowa Electronic Markets (IEM), den die Wirtschaftsfakultät der Universität von Iowa ins Leben gerufen hat. Dort wurden mehrere US-Präsidentschaftswahlen, aber auch schon Wahlen in Frankreich genauer prognostiziert als von den auf Umfragen basierten Vorhersagen. In Deutschland nutzte das Institut für Soziologie der Ludwig-Maximilians-Universität München zur Bundestagswahl 2009 einen Prognosemarkt namens Wahlstreet. Der schnitt ebenso wie die Wahlbörse Politikmarkt des Instituts für Wirtschaftsinformatik der Technischen Universität Dortmund am Ende besser ab als sämtliche Umfrageinstitute von Allensbach bis Forsa.
Die Schwächen der Umfragen
In Großbritannien wird ausgiebig bei denselben Buchmachern auf den Ausgang einer Wahl gewettet, bei denen man sonst seinen Tipp für Fußballspiele oder Hunderennen abgibt. Als es darum ging, das Referendum zum Brexit vorherzusagen, lagen sie jedoch komplett daneben. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 75 Prozent setzten sie auf einen Verbleib Großbritanniens in der EU, während die klassischen Umfragen kurz vor der Abstimmung mehr oder minder unentschieden waren. Wie erklärt sich diese Fehleinschätzung?
Weiterlesen auf brandeins.de …
Text: Christoph Koch
Erschienen in: brand eins