Es ist unmöglich, Podcasts unsympathisch zu finden. Sie sind klein, wild und widersetzen sich seit Jahren der Logik des großen Geldes. Außerdem machen sie verdammt viel Spaß.
Apps
Natürlich kann man Podcasts auch im Browser per Stream anhören. Das Praktische an dem Medium ist aber zum einen die Abofunktion – neue Folgen werden automatisch heruntergeladen – und zum anderen die Möglichkeit, diese Folgen dann offline und unterwegs anzuhören. Hier kommen sogenannte Podcatcher-Apps ins Spiel. Für iOS sind Downcast, → Overcastund die hauseigene Podcast-App von Apple zu empfehlen. Für Android haben sich Pocket Casts, AntennaPod und BeyondPod bewährt. Auch Streaming-Plattformen wie Spotify und Deezer bieten die Möglichkeit, Podcasts anzuhören (→ DRM).
Basics
Schnell das Wichtigste für Leser, die sich mit dem Thema noch gar nicht beschäftigt haben. Wer schon weiß, was Podcasts sind und welche abonniert hat, kann fröhlich zu Buchstaben C wie → Cash weiterhüpfen.
Ein Podcast ist eine Reihe von Audiodateien (streng genommen auch Videodateien, dieser Text wird sich aber vorwiegend auf Audiopodcasts konzentrieren). Diese Audiodateien werden meist in regelmäßigen Abständen veröffentlicht und liegen dann dauerhaft zum Abruf im Netz bereit. Man kann sie also auch uneingeschränkt auf eigene Geräte speichern und zeitversetzt anhören. Dadurch, dass diese Dateien nicht einfach nur ins Netz gestellt werden, sondern der Macher sie in einem Feed (→ RSS) ankündigt, ist es sehr einfach, einen Podcast zu abonnieren. Mit der entsprechenden → App wird man dann automatisch auf eine neue Folge aufmerksam gemacht oder diese – falls man das wünscht und so eingestellt hat – auch direkt heruntergeladen.
Cash
In der Recherchephase für dieses Alphabet habe ich Krautreporter-Leser (und alle anderen, die sich für Podcasts interessieren) in einer Online-Umfrage nach ihren → Empfehlungen gefragt. Ich wollte aber auch wissen, welche Hintergrundaspekte sie zum Thema Podcasts interessieren. Erst einmal ein herzliches Dankeschön an die über 1.400 Leser, die die Umfrage ausgefüllt haben. Hat extrem geholfen!
Sehr häufig wurde das Thema Finanzierung von Podcasts genannt und gefragt, ob sich die Sache im Verhältnis zum betriebenen Aufwand „rechnet“. Max Jacob Ost vom Fußballpodcast „Rasenfunk“ war so nett, mir einen Blick hinter die Kulissen zu gestatten.
Auf meine Frage nach dem zeitlichen Aufwand sagt Max: „Ich schaue im Idealfall pro Spieltag fünf Spiele über die komplette Spielzeit und zu allen anderen zwei Zusammenfassungen. Dazu kommt noch ein bisschen Statistikstöbern, Hörerfragen sammeln, manchmal Hintergrundgespräche. Für die Vorbereitung gehen dadurch acht bis zehn Stunden drauf, für die Produktion dann vier bis fünf inklusive Aufnahme.“ Die „Schlusskonferenz“, eines von drei Sendungsformaten, die der „Rasenfunk“ hat, sei in Sachen Aufwand aber ein Sonderfall. „Für meine anderen Formate kann man als Vorbereitungszeit immer von etwa der doppelten Sendungslänge ausgehen. Für das Tribünengespräch zu Doping im Fußball oder der Geschichte der Fußballtaktik habe ich mich vorher schon sauber eingelesen.“
Und wie viel Geld nehmen Max und sein Mitstreiter Frank Helmschrottmit dem Podcast ein? „Über → Patreon und Überweisungen kommen im Monat inzwischen 800 bis 900 Euro von über 300 Unterstützern rein.“ Das habe nach einer Weile die Startkosten eingespielt („Ich habe rund 2.000 Euro in Headsets und solchen Kram gesteckt“). Inzwischen bleibt abzüglich der laufenden Kosten jeden Monat etwas übrig.
Da der „Rasenfunk“ werbefrei ist, sind die Einnahmen nicht unmittelbar an die Zahl der Zuhörer gekoppelt. Trotzdem wollte ich wissen, wie viele Fußballfans regelmäßig zuhören: „Wir liegen pro Folge bei rund 10.000 Downloads“, sagt Max. Downloads sind dabei allerdings nicht gleich Hörer (→ DRM).
„10.000 Downloads ist im Sportpodcastbereich sehr sehr gut, generell aber noch sehr nischig. Größere Podcasts erreichen um die 30.000, die ganz großen Dickschiffe 100.000 und mehr.“ Obwohl der „Rasenfunk“ also zu den größten Fußballpodcasts gehört, kann Max nicht ansatzweise davon leben. Sein nächstes Etappenziel, sagt er, ist genug einzunehmen, um seinen „normalen“ Beruf als Social-Media-Berater um einen Tag pro Woche zurückfahren zu können. „Der ‚Rasenfunk‘ frisst meine Wochenenden ziemlich auf, und das wird auch so bleiben“, sagt er. „So ist Sportjournalismus nun mal. Aber Sportjournalisten haben halt unter der Woche mal einen Tag frei, was bei mir nicht drin ist.“
DRM
DRM steht für Digital Rights Management, also für einen digitalen Kopierschutz. Solche Einschränkungen sind dem Podcast vom Wesen her fremd. Die meisten Podcasts bestehen aus MP3-Sounddateien, die beliebig heruntergeladen und kopiert werden können. Dadurch ist es auch einfach, Podcasts zu erstellen, zu hosten – für die Nutzer ist es wiederum einfach, Podcasts auf nahezu jedem Gerät anzuhören.
Dieses System führt einerseits dazu, dass es sehr schwierig ist, valide Zahlen für einzelne Produktionen oder gar die Gesamtheit aller Podcasts zu erheben. Denn durch die unkomplizierte Verbreitung und Vervielfältigung es ist eben kaum möglich, alle verschiedenen Wege verlässlich zu tracken, auf denen ein Podcast abgerufen, gestreamt, kopiert, abonniert oder heruntergeladen werden kann. Gleichzeitig sorgt dieses Modell für ein dezentralisiertes, freies und offenes Ökosystem, das nur sehr schwierig zu kontrollieren und kommerzialisieren ist. Selbst Apple stellt im iTunes-Store den direkten → RSS-Feed des jeweiligen Podcasters zur Verfügung, verweist also die Podcatcher-→Apps direkt auf die Quelle.
Empfehlungen
Die 25 Podcasts, die die Teilnehmer in unserer Umfrage am häufigsten empfohlen haben, sind:
- Auf ein Bier
- Radio Nukular
- Die Lage der Nation
- Insert Moin
- Gästeliste Geisterbahn
- Fest & Flauschig
- Freak Show
- Methodisch inkorrekt
- Wrint
- Logbuch: Netzpolitik
- Rumble Pack
- CRE
- SozioPod
- Aufwachen Podcast
- Pengcast
- Plauschangriff
- Medien-KuH
- Rasenfunk
- Sofa Samurais
- PsychCast
- Das Podcast Ufo
- Im Autokino
- Hooked
- Bits und so
- Pietcast
Update: Da zu recht bemängelt wurde, dass in dieser (durch Abstimmung entstandenen) Liste keine weiblichen Podcasts auftauchen, als Ergänzung hier eine von Nele Heise zusammengestellte und sehr umfangreiche Liste von Podcasterinnen: https://goo.gl/r9L64A
Fiktive Podcasts
Insgesamt sind Podcasts eindeutig ein Non-Fiction-Medium. Die große Mehrheit liefert journalistische Inhalte oder Talk- und Interviewformate. Seit einiger Zeit gibt es jedoch auch einige wenige fiktive Podcasts, vorwiegend allerdings aus den USA: „The Message“ und „LifeAfter“ sind zwei relativ aufwändig produzierte Podcasts, die von General Electric finanziert wurden. „Alice Isn’t Dead“ ist ein gruseliges Roadmovie zum Anhören, gemacht von den Produzenten von „Welcome To Nightvale“, einem sehr frühen fiktiven Podcast. „Homecoming“ ist der erste fiktive Podcast des erfolgreichen Netzwerkes → Gimlet, das für die Folgen seines Psychothrillers etablierte Schauspieler wie Catherine Keener („Capote“), Oscar Isaac („Inside Llewyn Davis“) und David Schwimmer („Friends“) engagiert hat.
Gimlet Media
Ein Beispiel für ein sogenanntes Podcast-Network. Diese Netzwerke fungieren mal als fester, mal als loser Zusammenschluss von verschiedenen Einzelpodcasts und deren Machern. Das erleichtert unter anderem die Verbreitung, die Werbevermarktung und das gemeinsame Nutzen von Ressourcen. Die Art und Weise, wie diese Zusammenschlüsse funktionierten, ist dabei sehr unterschiedlich. Manche Netzwerke bündeln unabhängige Podcasts für einen gemeinsamen Auftritt nach außen, andere bezahlen Podcaster mit einem pauschalen Honorar für jede aufgezeichnete Sendung und übernehmen die Produktion und Vermarktung komplett selbst.
Huffduffer
Die Webseite huffduffer.com liefert so etwas wie einen Podcast-Baukasten. Hat man ein Konto erstellt, kann man beliebige Audiodateien, die man im Netz findet, sammeln und in einem eigenen Podcast veröffentlichen (→ RSS).
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Text: Christoph Koch
Foto: Unsplash / Jonathan Velasquez