Reiseportale wie Expedia oder Booking.com beherrschen den Markt. Sich mit ihnen anzulegen scheint aussichtslos. Ist es aber nicht.
Extreme Sparsamkeit kann unsympathisch wirken. Schnäppchenjäger stehen im Verdacht, zwanghaft und freudlos jedem Sonderangebot hinterherzuhecheln – und dabei zu vergessen, ob sie überhaupt brauchen, was sie billig ergattert haben. Anders sieht es aus, wenn man sparen muss, weil man sich sonst nichts leisten kann.
Igor Simonow kennt dieses Gefühl. Im Alter von acht Jahren kommt er mit seinen Eltern als Spätaussiedler aus Kasachstan nach Deutschland. „Das erste Mal verreist bin ich mit 14. Da hatten meine Klassenkameraden schon ganz Europa durch“, sagt der heute 32-Jährige. „Ich hatte noch nie das Meer gesehen. Am Atlantik zu stehen war für mich ein Gefühl der Freiheit.“
Als Erster aus seiner Familie macht Simonow Abitur, auch im Studium fehlt das Geld für große Reisen. Doch es ist die Zeit von Ryanairs Ein-Euro-Flügen. Mit dem Semesterticket seiner Universität in Bielefeld fährt Simonow an den Flughafen Weeze, fliegt für einen Euro nach Bratislava oder nach Plowdiw und sucht sich dort eine billige Ferienwohnung. Als er später mit Freunden fünf Tage in Kroatien verbringt und die komplette Reise inklusive Flug und Unterkunft weniger als 80 Euro pro Person kostet, sagt einer der Freunde: „Mach doch einen Blog.“
Simonow entwickelt eine Website namens Urlaubspiraten, auf der er handverlesene Reisetipps veröffentlicht. Manchmal offizielle Angebote, manchmal sogenannte Error Fares. Das sind fehlerhafte Preise einer Fluglinie oder eines Reiseveranstalters. Statt 650 Euro kostet ein Langstreckenflug dann beispielsweise wegen eines Tippfehlers nur 65 Euro. „Dann muss man schnell sein“, sagt Simonow; manchmal werden solche Buchungen storniert, oft aber auch nicht. Am Anfang besuchen zwei Leute pro Tag seine Seite, nach kurzer Zeit sind es 2000.
Fabian Spielberger, der damals dabei ist, das heute sehr erfolgreiche Schnäppchenportal Mydealz aufzubauen, wird auf Simonow aufmerksam und lädt ihn nach Berlin ein. Dort gründet Spielberger gerade den Start-up-Inkubator 6Minutes Media. „Wir saßen in einer Vierzimmerwohnung im Wedding, und jede Firma hatte ein Zimmer: Mydealz, Qipu, Chillmo und ich mit meinen Urlaubspiraten“, erinnert sich Simonow. „Und dann habe ich Tag und Nacht Schnäppchen gesucht und darüber gebloggt.“
Das Geld ist zu jener Zeit immer noch knapp. Simonow ernährt sich von Leberkäsebrötchen vom Supermarkt gegenüber („Ein Euro, das war super“) und schläft auf einer Matratze, die in der Abstellkammer der Wohnung auf ein paar Paletten liegt. Bis heute mussten die Urlaubspiraten (bis auf die Beteiligung Spielbergers) keinerlei Fremdkapital aufnehmen.
Mit den Besucherzahlen steigen die Einnahmen. Simonow verdient sein Geld mit sogenannten Affiliate-Provisionen: Wenn jemand durch sein Blog auf ein Angebot stößt und dieses bucht, bekommt Simonow ein paar Prozent des Preises. Doch er darf dabei nicht nur auf die Provision schielen: „Ryanair vergütet beispielsweise keine vermittelten Buchungen“, sagt er. „Trotzdem muss man die reinnehmen, wenn sie ein wirklich gutes Angebot haben. Sonst ist man nicht mehr glaubwürdig.“