Viele junge Gründer wollen unbedingt das nächste Spotify, Uber oder Facebook erfinden. Dabei kann es lohnender sein, sich eine unspektakuläre Nische zu suchen.
Der Hintergrundmusik-Verkäufer
Ola Sars entscheidet, welche Musik der Kunde hört, wenn er bei McDonald’s einen Burger isst. Seine Stockholmer Firma Soundtrack Your Brand beliefert Restaurants und Geschäfte, Imbissketten und Friseursalons mit Hintergrundklängen. „Kleine Cafés wissen manchmal noch, wie wichtig Musik für das Ambiente und damit für ihren Umsatz ist“, sagt der 44-jährige Schwede. „Aber bei größeren Firmen hat das Thema oft keine Priorität. Manche Ketten verschicken immer noch CDs oder sogar Kassetten an ihre Filialen.“ Seine 2013 gegründete Firma liefert den Geschäften die Musik per Streaming. Stets aktuell und – falls gewünscht – auf Branche, Ort und Tageszeit abgestimmt.
Sars kennt das Musik-Business. Er war Gründer von Beats Music, dem Streamingdienst der im Jahr 2014 von Apple gekauften Kopfhörermarke Beats. Sein Kompagnon bei Soundtrack Your Brand gehörte zu den ersten Mitarbeitern von Spotify. Das Stockholmer Unternehmen ist heute Investor und strategischer Partner ihres Start-ups.
„Als wir uns selbstständig machen wollten, haben wir erkannt, dass der Markt für Endkonsumenten im Bereich Musikstreaming bereits überquillt“, sagt Sars. „Dort werden Spotify, Pandora, Apple, Google, Amazon, Tidal, Deezer und wie sie alle heißen noch jahrelang um die Vorherrschaft kämpfen. Neue Wettbewerber haben so gut wie keine Chance mehr – und am Ende werden nur zwei oder drei Firmen überleben.“ Sars und Liffgarden konzentrierten sich stattdessen auf Geschäftskunden. „Ein riesiger Markt, der übersehen wurde – noch komplett unerschlossen, fragmentiert und häufig analog“, sagt Sars.
Bisher ist Soundtrack Your Brand in rund 100 Ländern vertreten und beschäftigt mehr als 70 Mitarbeiter. Zu den Kunden gehören neben Ketten wie McDonald’s, TAG Heuer, Toni & Guy und Starbucks auch Tausende kleinerer, unabhängiger Läden. „Unsere Musik läuft weltweit in mehr als 100 000 Geschäften“, sagt Sars. Der Kunde kann wählen, ob er die Mischung selbst zusammenzustellen oder auf vorgefertigte Playlists zurückgreifen möchte. Im Gegensatz zu einem Privatkonto bei Spotify und Co sind die Rechte für eine kommerzielle Nutzung in der Öffentlichkeit inklusive. Die Musik ist zudem frei von anstößigen Textstellen oder störenden Lautstärkesprüngen, das Tempo versetzt Einkäufer und Gäste weder in Hektik noch in Tiefschlaf, die Übergänge zwischen einzelnen Liedern sind unmerklich.
„Selbst wenn es die Kunden nicht bewusst wahrnehmen, beeinflusst die Musik in einem Geschäft, Restaurant oder sogar beim Zahnarzt die emotionale Bindung zu diesem Ort“, sagt Sars. Und sie wirke sich natürlich auch auf den Umsatz aus: „Wenn man in einer Bar schlechte Musik spielt, hauen die Leute ab. Spielt man gute Musik, bleiben sie länger und essen und trinken mehr.“ In einer Feldstudie konnte die Firma gemeinsam mit schwedischen Forschern das nachweisen: Mehr als 1,8 Millionen Transaktionen und einen Zeitraum von fünf Monaten hinweg konnte gezeigt werden, dass passende Musik zu einer Umsatzsteigerung von 9,1 Prozent führte – verglichen mit zufällig ausgewählten Songs. Auch im Vergleich zu Stille animierte die richtige Musik zu mehr Konsum.