Musik kabellos ins ganze Haus übertragen – das war mal neu, und dafür stand Sonos. Doch dann verschlief die kalifornische Lautsprecherfirma den Trend zum digitalen Sprachassistenten. Ein Gespräch mit dem neuen Chef Patrick Spence über die Konzentration auf das Wesentliche und die Frage, wie Computer in Würde altern können.
brand eins: Herr Spence, Sonos hat im vergangenen Jahr seinen 15. Geburtstag gefeiert. Wie hat sich der Markt für Lautsprecher seit der Gründung 2002 verändert?
Patrick Spence: Als unsere Gründer Sonos 2002 in Santa Barbara aufbauten, war der Lautsprechermarkt ein ganz anderer. Firmen wie Sony und Bose dominierten, aber es hatte lange Zeit ziemlich wenig Innovation gegeben. Es war kompliziert und teuer, ein gutes Hi-Fi-System zu konstruieren – geschweige denn, über mehrere Räume hinweg Musik zu hören.
Und wie gelang es dann doch?
Zwei entscheidende Veränderungen kamen zu dieser Zeit zusammen: WLAN wurde zum Standard, und Musik digitalisierte sich zunehmend. Zuerst noch nicht in Form von Streaming, sondern als MP3-Dateien. Die lagen entweder auf dem PC oder auf iPods, die damals immer beliebter wurden. Diese beiden Umstände änderten den Musikkonsum grundlegend. Unsere Gründer erkannten das und begannen, die entsprechenden Geräte und Übertragungsprotokolle dafür zu entwickeln.
Der Markt für kabellose Lautsprecher ist in den vergangenen Jahren rasant gewachsen – der für Kopfhörer allerdings noch mehr. Warum hat Sonos sich nie an dieses Geschäft gewagt, mit dem Firmen wie Beats Electronics hohe Umsätze erzielen?
Die meisten Firmen scheitern doch daran, dass sie zu viele Dinge auf einmal wollen. Mangelnder Fokus ist einer der schwerwiegendsten Fehler, den ein Unternehmen begehen kann. Wir sind vor 15 Jahren mit einer sehr klaren Mission angetreten: Wir beschallen das Zuhause unserer Kunden mit Musik. Und je länger wir das machen, desto deutlicher erkennen wir, was für eine große Aufgabe das ist und wie riesig dieser Markt nach wie vor ist. Wir sind seit dem Jahr 2002 phänomenal gewachsen, und es sind viele andere Unternehmen dazugekommen, die ebenfalls kabellose Lautsprecher produzieren. Es gibt sicherlich angrenzende Gebiete wie Kopfhörer oder Autoanlagen, und vielleicht ist etwas davon in Zukunft irgendwann sinnvoll für uns.
Sie bieten allerdings auch Lautsprecher fürs Heimkino an. Hatten Sie Angst, die viel beschworene „Schlacht ums Wohnzimmer“ zu verlieren, in der vom Fernsehhersteller bis zu den Konsolenanbietern alle Elektromarken gegeneinander kämpfen?
Andere Firmen bringen jedes Jahr ein neues Modell heraus – ob sich wirklich etwas Grundlegendes verändert hat oder nicht. Wir gehen anders vor. Wenn wir über ein neues Produkt nachdenken, fragen wir uns: „Welchen Raum könnten wir noch besser bespielen?“ So kamen wir von klassischen Lautsprechern zu Heimkino-Lautsprechern, weil wir gemerkt haben, dass die meisten Flachbildschirme grauenhaft klingen. Das wollten wir verbessern und den Menschen gleichzeitig die Möglichkeit geben, über diese neuen TV-Lautsprecher Musik zu hören. Denn das Fernsehen hatte Musik aus dem Wohnzimmer verdrängt.
Werden Ihnen nicht irgendwann die Zimmer ausgehen? Die Zahl der Räume in einer Standardwohnung ist begrenzt.
Wir haben auch Mitarbeiter, die sich damit beschäftigen, wie sich unsere existierenden Produkte verbessern lassen. Das muss nicht immer eine neue Geräteversion mit überarbeiteter Hardware sein. Wir verbessern unsere Geräte kontinuierlich durch Software-Updates. So ließ sich der Klang unserer Lautsprecher vor einiger Zeit allein dadurch verbessern, dass die Nutzer ein solches Update installierten, mit dem ihr Raum akustisch ausgemessen und das Signal daraufhin angepasst wird. Mit einer anderen Software-Aktualisierung rüsteten wir bei einigen Lautsprechern die Steuerung über Amazons Alexa-System nach. Ein Produkt, das man bereits besitzt, wird dadurch besser – ohne dass man dafür bezahlen müsste. In der Vergangenheit hat die Elektronikindustrie die Menschen so erzogen, dass man immer ein neues Gerät kaufen musste, wenn man eine neue Funktion haben wollte. Wir haben mit dieser Tradition gebrochen.