Ein Szenario.
Auf Amokläufe an US-Schulen folgt normalerweise ein eingespieltes Ritual: Die einen fordern eine schärfere Kontrolle von Schusswaffen. Die anderen warnen vor Überreaktionen, „Gedanken und Gebete“ für die Hinterbliebenen seien genug. Nachdem im Februar ein 19-Jähriger in Florida 17 Schüler und Lehrer der Marjory Stoneman Douglas High School erschossen hatte, schien sich jedoch etwas zu ändern. Vor allem Schüler organisierten sich unter dem Hashtag #neveragain, um strengere Waffengesetze zu fordern.
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Erstes Ergebnis: Im März verabschiedete der republikanisch regierte Bundesstaat Florida ein Gesetz, das die Altersgrenze für den Kauf von Schusswaffen auf 21 Jahre anhebt und Wartefristen vorsieht – gleichzeitig aber die Bewaffnung von Lehrern erlaubt. In Washington und anderen Städten demonstrierten Hundertausende für strengere Waffengesetze. Doch was wäre, wenn die USA private Schusswaffen komplett verböten?
In keinem anderen Land der Welt gibt es so viele Pistolen, Revolver und Gewehre in Privatbesitz wie in den Vereinigten Staaten. Da sie nicht registriert werden müssen, gibt es nur Schätzungen, die von 270 bis 310 Millionen Stück reichen. US-Bürger besitzen damit rund die Hälfte aller privaten Schusswaffen der Welt, obwohl sie nur fünf Prozent der Erdbevölkerung ausmachen. Statistisch kommt auf jeden Amerikaner ungefähr eine. In Deutschland kommen auf 100 Menschen etwa sieben private Schusswaffen.
Den Amerikanern ihre Colts und Smith & Wessons zu verbieten scheint nahezu unmöglich: Die Lobby-Organisation National Rifle Association (NRA) ist mächtig und verhindert selbst kleinste Einschränkungen wie Überprüfungen beim Onlineverkauf von Waffen oder Altersgrenzen. Auch gegen das in Florida verabschiedete Gesetz hat der Verband sofort Beschwerde eingelegt. Der Zweite Zusatzartikel zur Verfassung garantiere jedem US-Bürger das Recht, eine Waffe zu tragen, so die Argumentation.
Müsste also zuerst die Verfassung geändert werden, wenn man Schusswaffen in den Vereinigten Staaten verbieten will? Nicht unbedingt, denn bis in die Sechzigerjahre hinein wurde der besagte Zusatzartikel nicht als Grundrecht auf privaten Waffenbesitz interpretiert. Erst eine – durch die NRA geförderte – Flut von juristischen Aufsätzen führte zu der heutigen Auslegung.
Doch selbst wenn es gelänge, ein gesetzliches Waffenverbot zu verabschieden: Es wäre schwierig durchzusetzen. Denn die „Waffen sind nirgends erfasst, niemand weiß, wer sie besitzt“, sagt Andrew Morral, der sich bei der Denkfabrik Rand Corporation mit dem Thema befasst. „Die Polizei könnte nicht losgehen und sie beschlagnahmen. Auch ein verordnetes Rückkaufprogramm wie in Australien würde nicht funktionieren“, so die Einschätzung von Morral.
Nachdem in Australien das Waffenrecht 1996 und 2003 verschärft und verbotene Waffen wie Gewehre oder Schnellfeuerwaffen eingesammelt worden waren, sanken die Todesfälle durch Schusswaffen signifikant – um etwa 14 Prozent. Dass auch in den USA ein Waffenverbot für weniger Morde, Selbstmorde und tödliche Unfälle durch Schusswaffen sorgen würde, liegt also nahe.
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Foto: Josh Rocklage / Unsplash
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