Ein Szenario.
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Um den Jahreswechsel herum will Waymo, eine Tochterfirma der Google-Mutter Alphabet erstmals die Öffentlichkeit ihre selbstfahrenden Autos nutzen lassen. In Phoenix, Arizona, wo das Unter- nehmen bereits seit einem Jahr die autonomen Fahrzeuge mit rund 400 Testfamilien erprobt, sollen sie per App bestellt werden können. Auch in Kalifornien hat Waymo die Genehmigung für ein ähnliches Projekt erhalten.
Was aber würde passieren, wenn sich die autonomen Fahrzeuge irgendwann überall durchsetzten? Was wäre, wenn es eines Tages nur noch selbstfahrende Autos gäbe?
94 Prozent aller ernsthaften Autounfälle gehen nach Auskunft der amerikanischen National Highway Traffic Safety Administration (NHTSA) auf menschliches Versagen zurück: Da selbstfahrende Autos nicht trinken, einschlafen oder SMS schreiben und generell defensiver fahren als Menschen, dürfte die Zahl der Unfälle stark zurückgehen.
Die Beratungsfirma McKinsey geht davon aus, dass selbstfahrende Autos mindestens 90 Prozent aller Autounfälle verhindern. Das führte allein in den USA zu Einsparungen von 190 Milliarden Dollar bei Schäden und Gesundheitskosten.
Auch das Geschäft der Versicherungen würde sich ändern. Die Gesellschaften hätten es weniger mit Einzelpersonen und stattdessen mehr mit Firmen zu tun, die große Flotten an Robotaxis zur zeitlich begrenzten Benutzung anböten. Eine Studie der UBS-Bank prognostiziert, dass die Kosten pro gefahrenem Kilometer von 0,65 Euro, die ein Privatauto heute durchschnittlich verursacht, durch Robotaxis auf weniger als 0,40 Euro sinken würden.
Trotzdem bedeute das nicht, dass am Ende niemand mehr ein eigenes Auto besitze, sagt Karsten Lemmer, Vorstand für Energie und Verkehr im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt: „Auch in Zukunft wird es Menschen geben, denen ein eigenes Auto wichtig ist – sei es, weil sie ihre Skiausrüstung darin liegen lassen wollen, weil sie nicht riskieren möchten, in ein von Fremden vollgekrümeltes Auto zu steigen, oder weil sie einfach sicherstellen wollen, dass zu jeder Zeit ein Auto zur Verfügung steht.“ Lemmer ist Mitglied des Runden Tisches für Autonomes Fahren des Bundesverkehrsministeriums. Er geht davon aus, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis komplett selbstfahrende Autos technisch sicher möglich sind. „Das Bild der Städte wird sich dann sehr verändern“, sagt er. „Es wird keine Ampeln mehr geben, dafür viele dezidierte Ein- und Ausstiegspunkte statt endloser Reihen geparkter Autos am Straßenrand.“
Rund 95 Prozent der Zeit werden Autos derzeit nicht benutzt, sondern stehen herum. Das würde sich durch Autos, die nur bei Bedarf bestellt werden, ändern. Sie könnten zum Aufladen (die meisten Szenarien gehen von elektrischen Modellen aus) in Vororte fahren und dort platzsparend gestapelt werden.
Während die Zahl der Parkplätze schrumpfte, nähme der Verkehr wohl zu. „Zum einen, weil durch die schiere Bequemlichkeit die Nutzung steigen könnte und weil plötzlich Kinder, Alte oder Menschen mit Handicaps, die nicht Autofahren können, die autonomen Fahrzeuge nutzen werden“, sagt Lemmer. „Zum anderen, weil Leerfahrten dazukommen. Wenn Energie billig und grün und Parken teuer ist, könnten Menschen ihre autonomen Fahrzeuge immer um den Block fahren lassen, um das Fahrzeug ständig in der Nähe verfügbar zu haben.“
Auch Forscher der Universität von Michigan kamen zu dem Ergebnis, dass der Energieverbrauch von selbstfahrenden Autos insgesamt höher sein wird, da mehr Fahrten unternommen werden. Pro Kilometer dürfte der Energieverbrauch hingegen sinken, da durch miteinander kommunizierende Fahrzeuge ein gleichförmiger Verkehrsfluss gewährleistet wäre. Zudem würde Verkehr wegfallen, der durch Parkplatzsuche entsteht.
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Foto: Antonio DiCaterina / Unsplash