Ein Szenario.
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Vor etwa zwölf Jahren schrieb ein Brite dem damaligen Minister für Umweltschutz und Landwirtschaft, David Miliband, dass sein Nachbar als Landwirt 3000 Pfund dafür bekomme, dass er keine Schweine züchte – mehr als der Bauer je mit der Schweinezucht verdient habe. „Ich möchte nun ebenfalls in das Geschäft mit der Nicht-Schweinezucht einsteigen“, so der Subventionskritiker. „Was ist Ihrer Meinung nach die beste Art Bauernhof, um keine Schweine zu züchten, und welche Rasse eignet sich besonders gut, um sie nicht zu züchten?“
Nach wie vor wird der Agrarsektor in der Europäischen Union mit riesigen Summen bedacht, 58 Milliarden Euro waren es im Jahr 2017 – 6,5 Milliarden davon flossen nach Deutschland. Was aber wäre, wenn es nicht nur keine Agrarförderung mehr gäbe, sondern überhaupt keine Subventionen mehr existierten?
Alle zwei Jahre muss die Bundesregierung laut Paragraf zwölf des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft (StWG) die gewährten Subventionen offenlegen. Im jüngsten Bericht von 2017 reichten diese von 265 Millionen Euro für die Wohnungsbauprämie über 500 Millionen für den Breitbandausbau bis zu 1,45 Milliarden für Zuschüsse an die Träger der Krankenversicherung der Landwirte. Subventionen, die sich auf insgesamt 160 Milliarden Euro addieren, können dabei direkt durch Finanzhilfen (wie E-Auto-Prämie oder Baukindergeld) oder indirekt durch Steuervergünstigungen (wie der reduzierte Umsatzsteuersatz auf Zirkusveranstaltungen oder Brennholz) gewährt werden.
„Grundsätzlich ist jede Subvention eine Allokationsverzerrung“, sagt Claus Laaser vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW), das staatliche Beihilfen tendenziell kritisch sieht. „Das bedeutet, durch staatliche Einmischung werden Märkte verzerrt und Ressourcen nicht optimal genutzt.“ Doch selbst das IfW plädiert nicht für die komplette Abschaffung aller Subventionen, sondern meist nur für das Kürzen oder Streichen einzelner Posten. Auf einige könne schon rein rechtlich kaum verzichtet werden, sagt Laaser. Dazu gehörten neben den Pensionszahlungen an ehemalige Bundesbahnbeamte auch die Beseitigung von Umweltschäden, die der DDR-Braunkohle- und Uranerzbergbau verursacht haben. „Auch wenn es sich dabei um nachträgliche Subventionen für die verursachenden Unternehmen und Wirtschaftszweige handelt, sind das Altlasten, um die man nicht herumkommt.
Befürworter von Subventionen argumentieren häufig, dass diese Innovationen ermöglichten. Ein Wegfall von Subventionen bedeute demnach kurzfristig Stillstand und langfristig mangelnde Wettbewerbsfähigkeit. Laaser sieht das anders: „Das wäre nur der Fall, wenn sämtliche Unternehmen komplett von Subventionen abhängig wären und ohne diese in absoluter Untätigkeit verharren müssten. Wenn man außerdem alle Subventionen auf Bundes- und Länderebene striche, könnte man die Steuerzahler um rund 160 Milliarden Euro entlasten. Das käme auch Unternehmen zugute, die dann mehr Geld hätten, um Innovation auf eigene Rechnung voranzutreiben.
International sind es vor allem Subventionen im Energiesektor, deren Abschaffung sich lohnen könnte. Indem fossile Brennstoffe wie Kohle, Erdöl oder Gas subventioniert werden, entstehen laut Experten nicht nur Umweltschäden und soziale Ungleichheit, sondern auch eine geringere Wirtschaftsleistung, als eigentlich möglich wäre. So ist in einem Arbeitspapier des Internationalen Währungsfonds zu lesen, dass sich der weltweite Schaden durch Kraftstoffsubventionen auf jährlich 5,3 Billionen Dollar summiert, was sechs Prozent des globalen Bruttoinlandsproduktes entspricht und fast so hoch ist wie die weltweiten Gesundheitsausgaben. Vor allem Entwicklungs- und Schwellenländer – aber auch die USA und Erdöl fördernde Länder im Nahen Osten – subventionieren die Benzinpreise gern mit der Begründung, Menschen mit geringem oder keinem Einkommen entlasten zu wollen. Dabei sind es oft gerade die urbanen Eliten, die wirklich davon profitieren: In einem typischen Schwellenland gehen 40 Prozent der Entlastungen an das reichste Fünftel der Haushalte, hat das Magazin »Economist« berechnet, beim ärmsten Fünftel kommen nur sieben Prozent an.
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