Peloton war während der Pandemie noch erfolgreicher als in den Jahren zuvor. Das US-Unternehmen fesselt seine Kunden so clever wie kaum ein anderes.
Die Fitnessbranche hat bis heute schwer unter Corona zu leiden: Studios mussten schließen, Trainerinnen und Trainer durften allenfalls draußen und in Minigruppen Yogaposen verbessern. Ein Unternehmen, das hingegen stark davon profitierte, dass das Leben der meisten Menschen sich monatelang zu Hause abspielte, ist Peloton.
Der Begriff bezeichnet eigentlich das Hauptfeld der Teilnehmer eines Radrennens. Das gleichnamige US-Unternehmen bietet Fitness in Form von digital vernetzten Fahrrad-Heimtrainern und Laufbändern an. Wer zu Hause auf einem Peloton-Fahrrad sitzt, kann auf dem integrierten Bildschirm einer Vielzahl von aufgezeichneten oder live stattfindenden Kursen folgen, sich von Fitness-Profis anfeuern lassen und seine Leistung mit anderen vergleichen. Dieses Angebot hat einen stolzen Preis: Das aktuelle Fahrradmodell Bike+ kostet 2690 Euro, dazu kommen 39 Euro im Monat für den Zugang zu den Kursen. In drei Jahren kommen also mehr als 4000 Euro zusammen.
Trotzdem wollten während der Pandemie so viele Menschen ein Peloton-Fahrrad haben, dass die Firma in Lieferschwierigkeiten geriet: Wartezeiten von bis zu zwölf Wochen dürften zwar auch auf Engpässe bei verschiedenen Einzelteilen zurückzuführen sein. Doch auch das Interesse nahm massiv zu: Vom 1. Quartal 2020 bis zum 1. Quartal 2021 1) verdoppelte sich die Zahl der Mitglieder von 1,6 auf 3,6 Millionen. Schon in den Jahren vor der Pandemie war Peloton erfolgreich. So verdoppelten sich seit 2017 jährlich der Umsatz und die Zahl der Abonnenten (siehe auch Grafik auf S. 66). Die Firma hat eine lukrative Nische besetzt und auch sonst ein kluges Geschäftsmodell entwickelt. Die Belohnung: eine Hardware-Marge in Höhe von 39 Prozent (im 1. Quartal 2021). Das ist die Größenordnung, in der sonst allenfalls das erfolgreichste Produkt aller Zeiten spielt: das iPhone.
Fans im Weißen Haus
Peloton wurde 2012 in New York gegründet. Die Idee hatte John Foley, damals beim Buchhändler Barnes & Noble für das Digitalgeschäft zuständig. Er war großer Fan der boomenden Spinning-Klassen von Studios wie Soulcycle: Kleine Gruppen schwitzten in abgedunkelten Räumen zu lauter Musik und einpeitschenden Anweisungen auf Fahrrädern, die sich keinen Zentimeter bewegen. Doch Foley war zeitlich eingespannt, die Kurse oft voll, und so musste er immer öfter auf sein Heimrad zurückgreifen. Er vermisste die motivierenden Coaches und fragte sich, ob es nicht eine gute Geschäftsidee sei, solche Kurse jederzeit abrufbar für zu Hause anzubieten.
Als Absolvent der Harvard Business School war er gut vernetzt, das half bei der Suche nach Kapital. „John Foley erzählt, dass er damals zwischen 200 und 300 Klinken geputzt habe“, sagt der Deutschland-Geschäftsführer Martin Richter. „Fast immer hätten die Investoren gesagt, Geld könnten sie ihm leider keines geben. So ein Rad würden sie ihm aber abkaufen, wenn es fertig sei.“ Foley fand schließlich Investoren für 350 000 Dollar, investierte weitere 50 000 von seinem eigenen Geld und sammelte 300 000 über eine Kickstarter-Kampagne ein.
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Text: Christoph Koch
Foto: Giorgio Trovato / Unsplash