Habe vor ein paar Jahren den BBC-Podcast „The Missing Cryptoqueen“ gehört (und stelle beim Verlinken gerade fest, dass es seit 2019 noch eine Handvoll neuer Folgen gab…). Dieser SZ-Text zeigt noch mal einen interessanten neuen Aspekt auf: Obwohl die Hauptakteurin nach wie vor weltweit gesucht wird und viele deutsche Hintermänner und -frauen verurteilt sind, meldet sich nur ein kleiner Teil der Betrogenen und will eine Entschädigung aus dem beschlagnahmten Geld. Der Rest will weiterglauben oder -hoffen.
„Geschädigter?“ Die Stimme des Mannes am Telefon wird plötzlich leise und drohend. „Mir gefällt Ihr Vokabular nicht.“ Er sei kein Geschädigter. Es gebe keine Betrugsopfer, sagt er jetzt lauter, mit fränkischem Akzent. Niemand sei bei diesem angeblichen Milliardenschwindel betrogen worden – außer vom Justizsystem. Der Staat spiele Theater für die wahren Strippenzieher. Denen gehörten die Banken. Und diese Leute setzten nun alles daran, die angeblich laufende Revolution des Finanzsystems zu verhindern. Aber das werde nicht gelingen. „Onecoin ist nicht mehr aufzuhalten.“
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Fortschrittsgemaule, alias „Das war früher alles besser“, ist ja meist eher anstrengend und oft genug auch Quatsch. Ich weiß zum Beispiel noch, wie alle hämisch die neue AirPods mit „sieht als würde man sich den Bürstenkopf von der Elektrozahnbürste in die Ohren stecken“ kommentierten. Und sich originell fanden. Jetzt tragen sie selber welche. Neue Sachen – nicht immer gut, nicht immer schlecht. Erst mal neu. Aber gibt es bei den etablierten Dingen – Mantel, Herd, Dosenbier – einen Qualitätsverfall? Gabriel Yoran schaut sich das in seiner neuen Krautreporter-Reihe „Die Verkrempelung der Welt“ genauer an.
„Dass Waren besser und schlechter zugleich werden, habe ich in meinem Bekanntenkreis noch nicht gehört. Die Behauptung hingegen, früher sei alles besser gewesen, ist moderne Folklore. In den USA sagt man: „They don’t make ‘em like that anymore“, was so viel heißt wie: Sowas (Gutes) gibt es heute gar nicht mehr. Ganz unnostalgisch, eher genervt ertappe ich mich aber immer öfter bei dem Gedanken: „Das hat doch alles schon mal funktioniert!“ Wie Zombies, die unseren Alltag heimsuchen, tauchen Probleme, die in Alltagsprodukten schon gelöst waren, wieder auf. Dinge, die tadellos funktioniert haben, werden mit der nächsten Produktgeneration aus scheinbar unerfindlichen Gründen wieder schlechter.“
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Und zu guter Letzt: Eine wundervolle, platonische Liebeserklärung von Max Scharnigg zum 50. Geburtstag an Kate Moss. Nicht umgekehrt. Was aber nur daran liegt, dass Max einfach noch nichts 50 ist. Kate sammelt schon Material im Entwürfe-Ordner.
„Barfüßiges Balancieren zwischen Gosse und Glamour, das ist Kate Moss, und sie ist in diesem Sinne einer Jane Birkin viel näher als etwa einer Claudia Schiffer. Bei ihr hat sich diese altmodische „Fuck it!“-Attitüde konserviert, die wir in den Neunzigerjahren alle kurz hatten, die sich dann aber bei den meisten ziemlich schnell in die langweilige Nullerjahre-Apple-Korrektheit auswuchs.“
Foto von Giulia Bertelli auf Unsplash