Allein von November 2022 bis Februar 2023 stiegen die Berliner Durchschnittsmieten laut Erhebung eines Immobilienportals um 27 Prozent. In anderen Städten mag der Preissprung nicht so drastisch sein, aber generell wenden Menschen zunehmend mehr als die empfohlenen 30 Prozent ihres Einkommens für die Warmmiete auf. So sei das eben mit Angebot und Nachfrage, argumentieren die Fans des freien Marktes. Aber was wäre, wenn im Grundgesetz ein Recht auf Wohnraum festgeschrieben wäre?
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In der deutschen Verfassung ist zwar die Unverletzlichkeit der Wohnung festgeschrieben, aber kein Grundrecht auf diese. Die Grünen hatten 2021 noch Wahlkampf mit der Forderung gemacht, aktuell werben aber vor allem die Linken dafür, ein Recht auf Wohnen im Grundgesetz zu verankern. Ein neuer Artikel 14a soll ein „einklagbares Recht auf angemessenen bezahlbaren Wohnraum“ beinhalten.
Auch Claudia Engelmann vom Deutschen Institut für Menschenrechte ist der Meinung, dass wesentlich mehr getan werden muss, um angemessenen Wohnraum für alle Menschen sicherzustellen. Eine Grundgesetzänderung könnte ein Weg sein. Allerdings: „Es gibt bereits zahlreiche gesetzliche Regelungen“, sagt sie. „Vom Mietrecht, das Mieterinnen und Mieter davor schützt, willkürlich aus der Wohnung geschmissen zu werden, bis zum Sozialrecht, das etwa die Übernahme von Wohnkosten regelt.“ Auch das Bundesverfassungsgericht habe anerkannt, dass eine angemessene Unterkunft Teil des „Rechts auf ein menschenwürdiges Existenzminimum“ ist.
Trotzdem brauche es beispielsweise gesetzliche Regelungen gegen grenzenlos steigende Mieten und einen besseren Mieterschutz. „Darüber hinaus hakt es auch an der Umsetzung der bestehenden Regelungen“, sagt Engelmann. „Die Sozialdienste arbeiten nicht immer optimal zusammen, wenn es darum geht, eine drohende Wohnungslosigkeit abzuwenden, oder es dauert zu lange, bis das beantragte Wohngeld wirklich kommt.“
Kitaplatz-Garantie als Vorbild?
Sie plädiert für kurzfristige Maßnahmen wie ein Kündigungsmoratorium, bis sich die Energiekosten wieder entspannt haben. Auch eine besser ausgestattete Mieter- und Schuldnerberatung sei wichtig, um zu verhindern, dass Menschen ihre Wohnung verlieren und auf der Straße oder in Notunterkünften landen.
Aber ginge da noch mehr? Jedes Kind vom vollendeten ersten Lebensjahr bis zum Schuleintritt hat einen Rechtsanspruch auf einen „wohnortnahen“ Kita- oder Kindergartenplatz. Ließe sich in der Art nicht auch ein Recht auf Wohnen durchsetzen? Die Kita-Garantie ist ebenfalls nicht im Grundgesetz verankert. Vielmehr regelt das Sozialgesetz, dass Gemeinden, die nicht ausreichend Plätze zur Verfügung stellen, im Notfall die Kosten für eine private Betreuung zum Beispiel durch eine Tagesmutter erstatten müssen.
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Foto: Anders Holm-Jensen auf Unsplash