Wurden Produkte früher nach Preis und Qualität bewertet, steht heute zunehmend die Klimabilanz im Fokus. Doch wie fördert man umweltfreundliche Güter und Dienstleistungen? Der BASF-Chef Martin Brudermüller forderte im Oktober 2023 in der »Zeit« neue Ideen von der Politik. Er selbst schlug vor, die Mehrwertsteuer auf klimaneutrale Produkte zu streichen: „Dann haben Sie plötzlich 19 Prozent der Kosten frei und können damit auch noch niedrige Einkommen entlasten. Das wäre so ein kreatives Element, wie ich es gerade in der Diskussion um Klimaschutz vermisse.“ Was wäre also, wenn wir Produkte, die den Planeten schonen, von der Mehrwertsteuer befreiten?
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„Klimaneutral“ ist allerdings ein irreführender Begriff. Denn auch wenn ein Margarinebrot oder ein Zoom-Call weniger Emissionen erzeugen als ein Steak oder eine Geschäftsreise: Klimaneutral sind sie nicht. Unternehmen, die mit dem Attribut werben, dürfen ihre Produkte nur deshalb „klimaneutral“ nennen, weil sie die durch sie verursachten Emissionen durch Zahlungen kompensiert haben.
Außerdem ist die Aussage von Brudermüller, das Thema würde nicht diskutiert, nicht ganz richtig: So sind zum Beispiel seit Januar 2023 privat genutzte Photovoltaik-Anlagen von der Mehrwertsteuer befreit. Möglich macht dies eine 2022 aktualisierte EU-Richtlinie, die den Ländern mehr Flexibilität bei der Erhebung der Steuer erlaubt.
Bislang wurde in Deutschland vor allem mit einem reduzierten Mehrwertsteuer-Satz von 7 Prozent gearbeitet. Damit sollen beispielsweise Güter des täglichen Lebens – von Grundnahrungsmitteln über Bücher bis zum Nahverkehr – für alle Menschen erschwinglich bleiben. „Das hat zu einem verwirrenden System geführt, das an vielen Stellen sogar eher klimaschädlich ist“, sagt Carl Mühlbach von Fiscal Future, einer überparteilichen gemeinnützigen Organisation junger Menschen für eine zukunftsfähige Finanzpolitik. „Pflanzenmilch wird mit 19 Prozent besteuert, obwohl sie klimafreundlicher ist als die mit 7 Prozent besteuerte Kuhmilch.“ Auch Brennholz und Fleisch seien mit 7 Prozent steuerlich begünstigt. „Das System zu vereinfachen ist durchaus sinnvoll“, sagt Mühlbach, „man sollte dabei auch die Klimakomponente einbeziehen.“
Vom Umweltbundesamt gibt es bereits einen Vorschlag zur Überarbeitung der Mehrwertsteuer. Die Eckpunkte: Pflanzliche Grundnahrungsmittel sollen mit 0 Prozent, tierische Produkte mit 19 Prozent besteuert werden. Für den öffentlichen Nahverkehr sollen 0 Prozent anfallen, für Reparaturdienstleistungen – etwa für Fahrräder oder Schuhe – 7 Prozent.
Wie würden sich das auswirken?
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Foto: Anna Oliinyk / Unsplash