Geld ist eine geniale Erfindung. Bevor es in die Welt kam, musste jemand, der einen Fisch gefangen hatte und eine neue Hose brauchte, mühsam jemanden suchen, der zu viele Hosen hatte und Fisch essen wollte. Geld löste dieses Problem. Doch es entstand ein neues: Wer Fische zum Markt trägt, muss sie bald verkaufen, sonst werden sie schlecht. Wer sie kauft, hat weniger Druck, also einen Verhandlungsvorteil. Doch was wäre, wenn Scheine und Münzen nach und nach abliefen wie Lebensmittel?
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„Geld hat neben seiner Funktion als Tauschmittel noch eine weitere wichtige Funktion“, sagt Andreas Löffler, Professor für Bank- und Finanzwirtschaft an der FU Berlin, „es dient auch zur Wertaufbewahrung.“ Nun kann es aber Fälle geben, in denen das ausdrücklich nicht erwünscht ist: wenn der Staat etwa Hilfsgelder auszahlt wie die deutschen Corona-Zahlungen oder die Stimulus-Schecks in den USA.
Diese Zuwendungen sollen die Menschen nicht horten, sondern ausgeben, um die Wirtschaft zu stärken. Gäbe es einen Mechanismus, der Geld nach und nach entwertet, würde es schneller ausgegeben.
Die Idee ist nicht neu. Schon im Mittelalter wurden Währungen durch sogenannte Münzverrufungen immer wieder abgewertet. Der deutsch-argentinische Kaufmann Silvio Gesell (1862–1930) machte verfallendes Geld gar zum Kern seiner Freiwirtschaftslehre. „Geld, das wie eine Zeitung veraltet, wie Kartoffeln fault, wie Eisen rostet (…), das allein kann sich als Tauschmittel von Kartoffeln, Zeitungen, Eisen (…) bewähren“, schrieb er.
Das Wunder von Wörgl
Zum Einsatz kam Gesells Idee allerdings erst kurz nach seinem Tod. Damals sorgte eine weltweite Wirtschaftskrise für das wohl bekannteste Experiment dieser Art (siehe auch brand eins 09/2003: „Der Geldzauberer“): 1932 gab der Bürgermeister der österreichischen Stadt Wörgl eigene Geldscheine aus, er nannte sie Arbeitswertscheine. Diese Scheine behielten ihren Wert nur, wenn jeden Monat eine Marke aufgeklebt wurde, die ein Prozent des Wertes des Scheins kostete. Wer also verhindern wollte, dass sein Geld „faulte“, musste es schnell ausgeben. Während überall wirtschaftliche Flaute herrschte, stiegen die Einnahmen der Wörgler Betriebe und somit auch die Steuereinnahmen der Stadt. Die investierte damit in ihre Infrastruktur – und bezahlte die Arbeiterinnen und Arbeiter wiederum in Wertscheinen. Eine Aufwärtsspirale.
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Foto: Jp Valery / Unsplash