Über eine Sondersteuer auf das Vermögen sehr reicher Menschen wird immer wieder diskutiert. Beim jüngsten G20-Gipfel machte der brasilianische Präsident Lula da Silva einen konkreten Vorschlag: Alle Individuen, die mindestens eine Milliarde Dollar besitzen, sollen darauf jährlich eine Abgabe von zwei Prozent zahlen. Was wäre, wenn es eine solche Sondersteuer für Superreiche tatsächlich gäbe?
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Von ihr wären rund 3.000 Menschen weltweit betroffen, davon jeweils etwa 800 in China und in den USA. Einbringen würde die Steuer zwischen 200 und 250 Milliarden Dollar pro Jahr. In Deutschland beträfe die Abgabe bis zu 250 Personen. Dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) zufolge führte sie zu Einnahmen in Höhe von rund sechs Milliarden Euro.
Eine solche Steuer wäre ein Schritt zu mehr Gerechtigkeit. „In den Sechzigerjahren zahlten die 400 reichsten Amerikaner mehr als die Hälfte ihres Einkommens an Steuern“, schreiben die Ökonomen Joseph Stiglitz und Jayati Ghosh in einem Aufsatz vom Juni 2024. Heute besäßen die Superreichen noch größere Teile als zu Zeiten der Carnegies und Rockefellers – „und dennoch zahlen die US-Milliardäre nur etwa acht Prozent ihres Einkommens (einschließlich Kapitalgewinne) an Einkommensteuern, was etwa 0,5 Prozent ihres geschätzten Vermögens entspricht“. Zum ersten Mal in der Geschichte der Vereinigten Staaten, so die Autoren, zahlten Milliardäre einen niedrigeren effektiven Steuersatz als die gewöhnlich arbeitenden Amerikaner.
In Deutschland sieht es ähnlich aus: „Die meisten Menschen zahlen zwischen 30 und 40 Prozent Steuern auf ihr Einkommen“, sagt Dominika Langenmayr. Sie lehrt Volkswirtschaftslehre an der Katholischen Universität Eichstätt und ist auf internationale Steuerpolitik spezialisiert. „Bei Milliardären stammt das Einkommen aber in der Regel aus dem Wertzuwachs ihrer Unternehmen und aus Kapitalerträgen.“ Letztere werden mit 25 Prozent besteuert, erstere gar nicht, solange das Geld im Unternehmen verbleibt. Hinzu kommen diverse Sonderregelungen und Steuerprivilegien. „Sehr reiche Menschen zahlen also nur sehr wenig Steuern relativ zu ihrem Vermögen“, sagt Langenmayr. „Das ist zum Teil auch so gewollt, weil es attraktiv sein soll, Kapital in den Unternehmen zu belassen.“
„Eine sinnvolle Idee“, kommentierte der Ökonom Marcel Fratzscher, Präsident des DIW, in einem Radiointerview den brasilianischen Vorschlag. Durch die relativ geringe Zahl der Steuerpflichtigen bei gleichzeitig hohem Aufkommen greife das „Totschlagargument“ – eine Umsetzung sei zu aufwendig – nicht.
Erhöbe man einen jährlichen Steuersatz von drei Prozent auf Vermögen von mehr als 100 Millionen Dollar, käme noch mehr Geld in die Staatskassen:
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Text: Christoph Koch
Foto: Mohamed Masaau auf Unsplash